Schauspiel Köln: Karin Beier - „Man muss sich was trauen“
Karin Beier ist neue Intendantin in Köln. Für die künstlerische Ausrichtung des Theaters hat sie sich viel vorgenommen.
Köln. Karin Beier ist im Endprobenstress. Am Wiener Burgtheater bringt sie heute Shakespeares "Maß für Maß" heraus. Daneben bereitet sie die Spielzeit als neue Intendantin des Schauspiels Köln vor und ist Mutter eines neun Monate alten Babys.
Frau Beier, wie stecken Sie diese Mehrfachbelastung weg?
Beier: Das schwankt. Mein Kind ist Gott sei Dank pflegeleicht und schläft durch. So bekomme ich auch meinen Schlaf. Das Ganze funktioniert nur mit absoluter Selbstdisziplin: nicht rauchen, kein Alkohol, früh ins Bett. Aber lustig ist das nicht. Das kann ich niemandem raten.
Wie fühlt man sich als gebürtige Kölnerin, die das Kölner Schauspielhaus übernimmt?
Beier: Das hat Vor- und Nachteile. Vorteil ist sicher, dass ich die Stadt einschätzen kann. Es ist wunderschön, nach Köln zurückzukehren, obwohl ich die vergangenen zwei Jahre auch sehr gerne in Wien gelebt habe. Aber in Köln leben meine Familie und meine Freunde, die wenigen, die nichts mit dem Theater zu tun haben. Ein Nachteil ist, dass so meine Heimatstadt für mich anders belegt wird, je nachdem, wie die Intendanz läuft. In NRW wird ja sehr kritisch auf Theater geguckt.
Das Kölner Schauspiel hat in den vergangenen Jahren wenig überregionale Bedeutung gehabt: Wie wollen Sie das Profil des Hauses wieder schärfen?
Beier: Es wird in jedem Fall wieder ein erkennbares Profil geben. Unsere Projekte sollen kölnspezifisch sein, mit einem internationalen Aspekt, der aber nicht dauernd im Vordergrund steht: Ich möchte ein Ensemble zusammenstellen aus Leuten mit Migrationshintergrund. Das Thema Fremdheit, Migration, Toleranz wird sich auf der Bühne widerspiegeln. Das ist einfach ein augenfälliger Aspekt von Köln. Schließlich waren etwa die Ford-Werke die ersten, die Gastarbeiter ins Land geholt haben.
Wie viele Nationalitäten haben Sie denn im Ensemble?
Beier: Das ist eine gute Frage (lacht), ich habe aber noch nicht gezählt. Vielen sieht man den Migrationshintergrund gar nicht an, weil sie blond und blauäugig sind.
Wie werden Sie mit den technischen Mängeln am Haus umgehen und mit dem geplanten Abriss und Neubau des Schauspielhauses?
Beier: Abriss und Neubau klammere ich im Moment aus. Ich will erst mal sehen, ob das so schnell kommt wie angekündigt. Wenn wir dann tatsächlich an anderen, theaterfremden Orten in Köln spielen, so ist das nichts Neues für mich: Das habe ich auch während der Studienzeit gemacht. Wir wollen daraus eine Qualität machen. Die mangelnde technische Ausstattung - keine Drehbühne, keine Untermaschinerie - finde ich nicht schlimm: Das ästhetische Konzept meiner letzten Arbeiten an der Wiener Burg haben sowieso auf großen technischen Einsatz verzichtet. Ich gehe also mit Vertrauen nach Köln.
In Düsseldorf ist Amélie Niermeyer Intendantin, eine etwa gleichaltrige Kollegin: Ist sie für Sie eine Art Konkurrenz?
Beier: Nein, das finde ich überhaupt nicht. Jede muss ihr eigenes Profil haben, und man muss sehen, dass es nicht zu viele Überschneidungen gibt. Wir kennen uns nur vom Telefon, aber ich glaube, dass sie ähnlich denkt. Ich muss mich nicht immer abgrenzen, das ist eher eine Männersache. Dafür fehlt mir die Energie.
Wie vereinbaren Sie die Aufgaben einer Intendantin mit denen einer Regisseurin?
Beier: Ich bin primär Regisseurin und muss sehen, wie sich das mit den anderen Sachen koppeln lässt. Ich habe aber erfahrene Mitarbeiter und keine Scheu davor, Dinge auch mal loszulassen. Ich muss nicht die Farbe des Klopapiers mitbestimmen.
Wie oft werden Sie inszenieren?
Beier: Laut Vertrag in den fünf Jahren zehnm/al. In der ersten Spielzeit will ich natürlich mehr von mir zeigen. Eine Inszenierung bringe ich deshalb aus Wien mit.
Wie viele Uraufführungen bzw. neue Stücke wird es geben?
Geboren 1965 in Köln
Studium Anglistik und Theaterwissenschaften in Köln
Theater 1988-1995 Hausregisseurin am Düsseldorfer Schauspielhaus. Ab 1995 inszenierte sie am Hamburger Schauspielhaus, in Hannover, in Köln (auch Oper), an den Münchner Kammerspielen sowie in Bremen. Zurzeit arbeitet sie am Wiener Burgtheater.