Bankrotterklärung aus Karlsruhe

Bundesanwaltschaft will nicht wegen US-Spionage ermitteln

Ein Kommentar von Olaf Steinacker.

Ein Kommentar von Olaf Steinacker.

Foto: Young David (DY)

Ob Generalbundesanwalt Harald Range in diesen Tagen gut schläft, ist schwer zu sagen. Themen, die ihn um seine Nachtruhe bringen könnten, gibt es allerdings genug. Die bis heute weder aufgeklärte noch beendete anlasslose Totalüberwachung unbescholtener Menschen durch den US-Geheimdienst NSA wäre beispielsweise so eines. Oder der Lauschangriff auf das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Sollte Range in der vergangenen Nacht den Fernseher eingeschaltet haben, anstatt sich hin- und herzuwälzen, und dabei das Interview des US-Senders NBC mit Edward Snowden gesehen haben, müsste es ihm die Schamesröte ins Gesicht treiben.

Snowden bezeichnet sich darin selbst als High-Tech-Spion, der im Auftrag der US-Geheimdienste NSA und CIA massenhaft Daten abgesaugt hat. Zur Erinnerung: Der Whistleblower wird seit seinen Enthüllungen vor knapp einem Jahr von den USA wegen Geheimnisverrats gesucht. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags zur NSA-Affäre will den 30-jährigen Amerikaner als Zeugen befragen.

Generalbundesanwalt Range hingegen will wohl kein förmliches Ermittlungsverfahren wegen der US-Spionage einleiten — was bei der schweren Straftat und den massenhaften Grundrechtsverletzungen, um die es hier schließlich geht, mithin seine Aufgabe wäre. Dies mit der abenteuerlichen Begründung, dass es weder belastbare Zeugen (Snowden) noch Beweise (Dutzende Enthüllungen mit entsprechenden Dokumenten) gebe und die Untersuchungen im Nichts enden würden.

Die Bundesanwaltschaft verkündet damit das Ergebnis von Ermittlungen, ohne vorher überhaupt ernsthaft ermittelt zu haben. Ein echtes Kunststück. Grund dafür dürften wohl weniger die Fakten sein, die am Ende dabei herauskommen würden, sondern die Furcht vor Konsequenzen, mit denen die Amerikaner unverhohlen drohen. Das Wort vom Duckmäusertum gegenüber den USA drängt sich hier mit Nachdruck auf.

Genauso wie ein Machtwort von Justizminister Heiko Maas (SPD). Als direkter Vorgesetzter könnte, ja müsste er jetzt Runge zu einem offiziellen Ermittlungsverfahren zwingen. Alles andere wäre eine Bankrotterklärung des Rechtsstaates.