Der Gipfel der Globalisierung

Auf Barack Obama konnte dieser Gipfel getrost verzichten. Der künftige US-Präsident hätte die Teilnehmer des Weltfinanzgipfels eher abgelenkt, weil sie sich wahrscheinlich darauf konzentriert hätten, jeweils ein Foto mit dem neuen Superstar der Weltpolitik zu bekommen.

Ausgerechnet dem scheidenden George W. Bush, der die Welt mit seinen Alleingängen in vielerlei Hinsicht unsicherer gemacht hat, kam so die Aufgabe zu, die gemeinschaftliche Krisenbewältigung zu moderieren.

Diese Ironie hat dem Gipfel keinen Abbruch getan. Im Gegenteil: Ganz unabhängig von der personellen Besetzung hat das sogenannte G20-Treffen einen unumkehrbaren Prozess angestoßen, dessen Wirkung gar nicht überschätzt werden kann.

Mit der Einbindung der mächtigen Schwellenländer China, Indien und Brasilien und den Energie-Ökonomien Russland und Saudi-Arabien ist die Zeit endgültig vorbei, in denen allein die etablierten Industriestaaten der Weltwirtschaft ihren Stempel aufdrücken konnten. Jeder Versuch, nach der weltweiten Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise die exklusive G8-Runde wiederzubeleben, ist zum Scheitern verurteilt.

Alle Volkswirtschaften spüren jetzt schmerzhaft ihre Anfälligkeit. Es gehört zu den beschämenden Erkenntnissen, dass erst das Versagen des weltweit verzahnten Finanzsystems zu einer politischen Begleitung des Globalisierungsprozesses führt.

Auch die Zielsetzungen dieses Gipfels und sein ehrgeiziger Fahrplan geben Hoffnung, dass eine international kooperierende Politik der Hydra Weltfinanzsystem, den ein oder anderen Kopf abschlagen kann, ohne dass zwei weitere nachwüchsen.

Über eines aber können die Annäherungen an eine größere Transparenz und eine bessere Kontrolle der Finanzströme nicht hinwegtäuschen: Die tiefere Ursache der Weltwirtschaftskrise liegt im ungesunden Übergewicht des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus angelsächsischer Prägung gegenüber der sogenannten Realwirtschaft.

Die USA und Großbritannien haben auf dieser Finanzmarktblase über Jahre hinweg ihren Wohlstand begründet und Schwächen ihrer Industrie kaschiert. Deshalb wird auch Barack Obama vor allem die Interessen der Wall-Street vertreten, wenn er demnächst in den Reformprozess einsteigt.