Die verrückte Welt der Andrea Y.

Andrea Ypsilanti hat Politik-Geschichte geschrieben. Noch nie ist es einem Politiker gelungen, in so kurzer Zeit einen grandiosen Wahlerfolg in eine derart vernichtende Niederlage zu verwandeln.

Zusätzlich bitter für Ypsilanti ist, dass sie den Absturz ihrer Partei selbst verursacht hat, den Aufstieg zuvor aber nicht. Hessens Ministerpräsident Koch hatte im Januar vor allem wegen seines Krawall-Wahlkampfes satte zwölf Prozentpunkte verloren. Er baute seine Herausforderin durch eigene Fehler auf. Nun bedankt sie sich, indem sie es umgekehrt tut.

Mindestens ebenso verrückt ist, dass Andrea Ypsilanti noch immer Partei- und Fraktionschefin der Hessen-SPD ist. In anderen Landesverbänden hätten schon weniger dramatische Situationen zwingend dazu geführt, dass die Nummer eins zurücktritt.

Womöglich glaubt die verhinderte Ministerpräsidentin, mit einem Zählkandidaten bei der Neuwahl das Schlimmste verhindern zu können, um dann in fünf Jahren ihr Traumziel doch noch zu erreichen. Ein Irrglaube! Da die SPD im Januar heftige Verluste einfahren wird, muss sich Ypsilanti dann auf jeden Fall einen neuen Job suchen. Da kann sie auch gleich gehen.

Man kann nur vermuten, dass SPD-Chef Franz Müntefering entsprechend Druck ausübt. Kurzfristig ist der Schaden für die Bundespartei erheblich, weil durch die Vorgänge in Wiesbaden der neue Schwung, der vom Berliner Parteitag ausging, nicht mehr wirkt.

Langfristig könnte das jähe Aus einer rot-roten Zusammenarbeit in Hessen der Bundes-SPD aber auch Vorteile bringen. Denn der Union ist zur Bundestagswahl im September die Möglichkeit einer "Rote-Socken-Kampagne" genommen.

Es wird nun spannend sein zu beobachten, ob die Parteien in Hessen aus ihren Fehlern gelernt haben. Wird Ypsilanti zum dritten Mal "mit demselben Kopf gegen dieselbe Wand rennen"? Und was macht "Mister Unverwüstlich" Roland Koch? Wird er - gegen seine Natur - die kluge Strategie der vergangenen Monate durchhalten und sich demütig zurückhalten?

Immerhin haben alle eines begriffen: Die Ausschließeritis führt in die Sackgasse. Demokratische Parteien müssen miteinander koalieren können. Nur dann werden die "hessischen Verhältnisse" eine geschichtliche Episode bleiben.