Ein Minister bar jeder Autorität

Friedrich Roeingh kommentiert Verkehrsminister Tiefensees späte Entlassung seines Staatssekretärs von Randow.

Eines vorweg: Einen Ministerrücktritt wird diese Große Koalition nicht mehr erleben. Die SPD hält auf Gedeih und Verderb an Wolfgang Tiefensee fest, weil sie nach der Ablösung von Kurt Beck an der Parteispitze nichts weniger gebrauchen kann als ein erneutes Personalkarussell. Die Kanzlerin und ihre Union werden keinen Druck auf die SPD ausüben, weil sie das Zweckbündnis mit den Genossen bis zur Bundestagswahl aufrecht erhalten wollen. Und die Opposition im Bundestag ist zu schwach.

Dabei müsste der Verkehrsminister schon aus Selbstachtung seinen Hut nehmen. Wolfgang Tiefensee hat schließlich zum wiederholten Male bewiesen, dass ihm der Bahnvorstand und auch der Aufsichtsrat auf der Nase herumtanzen. Den unsäglichen Bedienzuschlag hatte der Staatskonzern erst gekippt, als das öffentliche Echo einen Rückzug erzwang. Tiefensees vorangegangene Appelle hatte Bahnchef Mehdorn dagegen schlicht ignoriert. Beim Streit um die unzeitgemäßen Bezugserhöhungen und Prämien für den Bahnvorstand lässt nun Aufsichtsratchef Werner Müller Tiefensee genüsslich auflaufen - pikanterweise selbst ein ehemaliger Bundesminister.

Den letzten Rest an Glaubwürdigkeit hat der Minister allerdings selbst verspielt, als er vor einigen Tagen seinen Staatssekretär Matthias von Randow in die Wüste geschickt hat, der den Bund im Aufsichtsrat der Bahn vertritt. Tiefensees Begründung, sein Vertreter habe ihn nicht über die Bonuszahlungen informiert, fällt nun wie ein Kartenhaus zusammen. Schließlich lag der Prospekt zum Börsengang der Bahn, in dem die Zulagen genau aufgeschlüsselt waren, seit langem im Ministerium vor.

Das unwürdige Schauspiel um einen rat- wie machtlosen Verkehrsminister überdeckt allerdings einen zweiten Skandal: Die unheilige Allianz zwischen Bahnvorstand und Gewerkschaftsvertretern. Erst befördert die größte Gewerkschaft Transnet den umstrittenen und inzwischen verschobenen Börsengang. Dann rückt ihr ehemaliger Chef Norbert Hansen in den Bahnvorstand auf. Und nun segnen die Arbeitnehmervertreter die Bonuszahlungen für den Vorstand ab - auf dass sich dies bei den nächsten Tarifverhandlungen auszahlen möge. Bei der Bahn wäscht anscheinend eine Hand die andere.