Die Richter und die Finanzkrise

Vorsicht vor überzogenen Erwartungen an die Justiz.

Nun geht es den Bankvorständen an den Kragen. Die Volksseele frohlockt, wenn die Strafermittler diejenigen Bankmanager ins Visier nehmen, die Mitverantwortung für das Vernichten von Milliarden Dollar und Euro tragen. Das Bundeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft Frankfurt preschen bei der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau vor. Und auch die Ermittlungen des FBI gegen die Produzenten der Milliardenblasen sollen auf Hochtouren laufen.

So wichtig diese Ermittlungen für das Rechtsempfinden der Anleger sind, deren Wert ihrer Papiere in den vergangenen Wochen wie Schnee unter der Sonne geschmolzen ist, und so wichtig sie für das Gerechtigkeitsempfinden der Bürger sind, die mit ihren Steuergeldern für die angeschlagene Finanzindustrie haften: Die juristische Aufarbeitung der Finanzmarktkrise darf nicht mit unrealistischen Erwartungen überfrachtet werden.

So unglaublich dumm etwa die Überweisung der KfW-Bank an die vor der Pleite stehende Lehman-Bank war: Noch ist äußerst fraglich, ob es wegen der 320 Millionen Euro jemals zu einer Untreue-Anklage gegen die Vorstände kommen wird. Wenn die Richter diese tatsächlich zulassen sollten, werden zudem Jahre ins Land gehen, bis über diese Fälle in letzter Instanz entschieden wird.

Es wäre ohnehin falsch, bei der Aufarbeitung der Finanzmarktkrise auf die Rechtsprechung zu setzen. Allein politische Lösungen werden Fehlentwicklungen in der Finanzwelt verhindern müssen, die die Weltwirtschaft noch einmal an den Rand des Ruins bringen könnten.

Und so sehr zurzeit die Populisten in der Linken wie auch bei den Volksparteien Oberwasser haben: Der Ruf nach Verstaatlichung ist ebenso wenig ein Allheilmittel, wie die pauschale Verteufelung aller Bankmanager gerecht ist.

Nicht von ungefähr scheinen in Deutschland die staatsnahen Banken am tiefsten in den Strudel geraten zu sein. Und viele der Politiker und auch der Medien, die heute nach dem starken Staat rufen, haben in den vergangenen Jahren die Deregulierung der Finanzmärkte durchgewunken. So unvorstellbar hoch der Schaden ist, den die Gier von Bankern und auch Anlegern verursacht hat: Zorn ist noch nie ein guter Ratgeber gewesen, wenn komplexe Probleme zu lösen sind.