Die SPD glaubt wieder an sich selbst
Eine SPD ohne Zuversicht ist soviel wert, wie eine Kirche ohne Glauben." Es war Willy Brandt, der diese Beschwörungsformel geprägt hat. Und Franz Müntefering, der Willy Brandt an diesem Wochenende auf denkwürdige Weise zum zweiten Mal als SPD-Vorsitzender beerbt hat, zitierte ihn genüsslich.
Die Partei der Selbstzweifler hat ein grundlegender Stimmungswandel erfasst. Wie schnell sich in der Politik doch der Wind dreht.
Die SPD ist wieder da - auch wenn sich das noch nicht in den Umfragewerten niederschlägt. Doch schließlich weiß jeder PR-Fachmann: Nur wer von sich selbst überzeugt ist, kann auch andere überzeugen.
Dass diese neue Zuversicht nicht gespielt ist, liegt an dem zufälligen Zusammenwirken von personeller Erneuerung und globaler Finanzkrise. Der schicksalhafte Abgang von Kurt Beck wirkte auf die Partei wie eine Erlösung.
Mit Müntefering ist zwar ein nicht von allen geliebter, aber dafür umso wirkungsvollerer Steuermann an die Parteispitze zurückgekehrt. Mit Frank-Walter Steinmeier erwächst Angela Merkel ein Konkurrent, dem man ganz unabhängig von parteipolitischen Wasserstandsmeldungen das Amt des Kanzlers ebenso zutraut.
Und selbst den kühnen Zyniker Peer Steinbrück schließt die Partei nach seinem eindrucksvollen Krisenmanagement der vergangenen Wochen in ihr Herz ein. Personell steht es zwischen SPD und Union auf einmal 3:1.
Entscheidend aber ist, dass der Neoetatismus - der neue Ruf nach dem ordnenden Staat - der SPD in die Hände spielt. Wie durch ein Wunder sind auf einmal die Gräben zwischen ihren Parteiflügeln zugeschüttet. Obwohl in der Stunde der Macher zunächst das Ansehen der Großen Koalition insgesamt gestärkt worden ist, kann sich die SPD wieder an ihrem Hauptgegner, der Union, abarbeiten - anstatt komplexbeladen auf die Linke zu schielen.
Diese neue Stärke der SPD wird für die breitere Öffentlichkeit erst richtig sichtbar werden, wenn in den kommenden Wochen die programmatische Verunsicherung von CDU und CSU zum Vorschein kommt. Sie werden den ordnungspolitischen Schwenk, den die Weltfinanzkrise erzwungen hat, nicht ohne inneren Streit nachvollziehen. Das Rennen um die Kanzlerschaft 2009 ist wieder offen.