Im Windschatten Obamas an die Macht?
Zwei Wahlereignisse an einem Tag: Hessische Landtagswahl mit Kandidatin Ypsilanti und Präsidentschaftswahl in den USA mit Kandidat Barack Obama.
Zu Beginn mal eine absurd klingende Frage: Was haben Barack Obama und Andrea Ypsilanti gemeinsam? Antwort: Beide wollen sich Dienstag in acht Tagen wählen lassen. Er will Präsident der USA werden, sie Ministerpräsidentin von Hessen.
Ihm allerdings dürfte die Wahl im hessischen Landtag herzlich wenig interessieren, während sie ganz bewusst auf die Termindoppelung setzt. Offenbar rechnet Ypsilanti damit, dass sich die deutsche Öffentlichkeit so sehr für die Ereignisse in Amerika interessiert, dass ihr an sich nach wie vor unerhörter Griff nach der Macht mit Hilfe der Linkspartei auf wenig Resonanz stößt. Wenn sie sich da mal nicht irrt!
Sollte Ypsilanti wie einst Heide Simonis scheitern, weil ihr ein stiller Widersacher aus den eigenen Reihen die Stimme verweigert, wird das deutschlandweit fette Schlagzeilen produzieren - US-Wahl hin oder her. Dass sie ihren größten innerparteilichen Gegner Jürgen Walter überraschend nicht in ihr künftiges Kabinett einbinden konnte, birgt eine große Gefahr.
Andererseits hat die Debatte um das rot-rot-grüne Projekt in Wiesbaden erheblich an Brisanz verloren. Das liegt an dem üblichen Gewöhnungseffekt, an dem Abgang Kurt Becks, aber auch daran, dass Ypsilanti ihren zweiten Anlauf generalstabsmäßig geplant hat und ausführt.
Indem sie die Wahl im Landtag jetzt vorzieht, nutzt sie die Dynamik der Koalitionsverhandlungen und der Parteitage von SPD und Grünen am 1. und 2. November. Damit fehlt den Mitgliedern der SPD-Fraktion schlicht die Zeit, über ein individuelles Wackeln auch nur nachzudenken.
Sieht man einmal von Jürgen Walter ab, der über seine weiteren Karrierepläne bislang schweigt, dann steht die Hessen-SPD mit Ausnahme der Rebellin Dagmar Metzger wie eine Eins hinter ihrer Frontfrau. Vor allem die Alt-Herren-Riege in der zweiten Reihe sieht ihre letzte Chance, noch einmal Karriere zu machen. Die grauen Minister in spe achten genau darauf, dass alles glatt geht.
Klappt das, wird Rot-Grün das Stigma, eine Wortbruch-Koalition zu sein, so schnell nicht wieder los. Langfristig wirkungsvoller ist jedoch nicht der Wort-, sondern der Tabubruch. Hessen wird nicht das einzige westdeutsche Bundesland bleiben, in dem die Linkspartei mitmischt. Wer weiß, was 2010 in NRW passiert?