Harte Lehrstunden für Hedgefonds

Ingo Faust kommentiert den Höhenflug der VW-Aktie.

Die VW-Aktie, bislang eigentlich ein normaler Autowert, hat gestern erneut an der Börse verrücktgespielt. Eigentlich war es Börsenpanik verkehrt herum, denn die Anleger stiegen nicht in Scharen aus, sondern wollten um jeden Preis den Autowert haben. Sie zahlten teilweise über 1000 Euro pro Anteilsschein. Der Höhenflug der VW-Aktie, deren Wert sich innerhalb von zwei Tagen verfünffacht hat, hat dabei den Börsenindex Dax derart beflügelt, dass er gegen den Trend zweistellig zulegen konnte.

Was sich auf den ersten Blick wie eine gute Nachricht ausnimmt, zeigt jedoch eine derzeit ungesunde Verfassung der deutschen Börse. Sie hat zwar den meist ausländischen Hedgefonds, die mit der VW-Aktie Milliarden verloren haben, eine harte Lehrstunde gegeben. Der bislang international angesehene Index Dax ist aber total verfälscht worden und bildet statt der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung nur die bisher einzigartigen Kapriolen der VW-Aktie ab. Eine hohe Zahl von Investoren hatte auf einen fallenden VW-Kurs gewettet und geliehene Aktien leer verkauft. Da Porsche und Niedersachsen VW aber bereits zu rund 95 Prozent im Besitz haben, können Leerverkäufer an der Börse nicht mehr genügend Aktien auftreiben, um ihre geliehenen Papiere zurückzugeben. Weil sie das aber müssen, zahlen sie jeden Preis.

An der Börse werden deshalb Schuldige für das Desaster gesucht. Ins Visier genommen wird auch Porsche. Die Stuttgarter könnten in Sachen VW die Karten zu lange verdeckt gehalten haben. Die Börsianer fühlen sich überrumpelt, dass Porsche einschließlich Optionen bereits rund ein Viertel am Wolfsburger Konzern hält. Hätten sie das, was erst am vergangenen Wochenende bekannt gemacht wurde, gewusst, hätten sie sich wohl kaum auf Kurswetten eingelassen.

Unmut herrscht auch über die Deutsche Börse, die wie die Börsenaufsicht nichts tun will, um die Lage zu entspannen. Dabei sind sich Fachleute einig, dass die VW-Aktie derzeit nicht mehr in den Dax gehört und kurzfristig entfernt werden müsste. Zum einen dürfte es bereits weniger als fünf Prozent frei verfügbare VW-Aktien geben, was einen Rauswurf rechtfertigen würde. Zum anderen ist das Gewicht von VW im Dax viel zu hoch geworden. Es muss also etwas geschehen - und zwar so bald wie möglich.