Meinung Die Uefa muss Fehler mit Härte ausbügeln

Dass wir die Bilder der schlimmen Ausschreitungen von Marseille zwischen russischen und englischen Hooligans von keiner TV-Kamera zu sehen bekamen, ist der Regie der Uefa über die Fernsehbilder zu verdanken — und ein Skandal.

Die Wahrheit bleibt dem Zuschauer verborgen, die Aufnahmen sind zensiert. Der europäische Fußballverband redet sich damit heraus, er habe keine Nachahmer motivieren wollen. Doch der wahre Zweck gelenkter Bilder ist, das so lukrative EM-Produkt porentief rein zu halten. Dabei wäre die Abschreckung wohl weit größer gewesen als ein Nachahmungseffekt.

Der laxe Umgang mit Wahrheiten kommt womöglich auch die französischen Sicherheitskräfte teuer zu stehen: Dass die EM ein Ziel von Hooligans aus aller Herren Länder sein würde, war abzusehen. Das hatte es bei den jüngeren Turnieren in Europa immer gegeben. Im Urlaubsland Frankreich ist die Einreise einfach, viele Fußball-Anhänger kamen durch die Streiks im öffentlichen Verkehr mit privaten Pkw. Und Sicherheitskräfte, die in erster Linie mit der Abwehr von Terrorgefahr beschäftigt sind und ob zusätzlicher Bedrohung überfordert wirken, nehmen die Hooligans dankbar hin.

Dazu kommt, dass die gewaltbereiten Fans sich in den Stadien, in denen wegen der Terrorgefahr viele Plätze frei bleiben, über den Schwarzmarkt Tickets für unkontrollierte Bereiche besorgen. So war es den russischen Hooligans möglich, weitgehend ungehindert in den englischen Block zu gelangen. Die geringe Polizeipräsenz tat ihr übriges.

Es ist eine Gemengelage, die einen angstvoll auf die kommenden EM-Tage mit Duellen von Russland gegen die Slowakei, England gegen Wales oder Deutschland gegen Polen blicken lässt. Vor diesem Hintergrund fiel die Strafandrohung der Uefa-Disziplinarkommission gegen das russische Team heftig aus. Noch nie ist ein Team ausgeschlossen worden. Dieses deutliche Signal soll nun verhindern, dass der Uefa die EM aus dem Ruder läuft.

Wohlgemerkt: Dieses Urteil bezieht sich auf das Verhalten innerhalb des Stadions und auf physische Gewalt russischer Fans. Dafür ist das Gremium zuständig. Das Uefa-Exekutivkomitee hat aber auch die Macht, die Aktionen in den Innenstädten zu sanktionieren. Auch dafür sind Russland und England verwarnt. Der deutsche Fußball-Verband derweil noch nicht: Die Randale deutscher Hooligans in Lille ist als „isolierter Einzelfall“ bewertet worden. So viel Nachsicht steht jetzt auf dem Prüfstand. An jedem weiteren Tag dieses Turniers.