Meinung Echo-Verleihung: Der Hass kommt im Gewand der Popkultur

Das Timing ist an Zynismus kaum zu überbieten: An einem Tag, an dem Juden weltweit der Toten durch die bestialischen Verbrechen an ihrem Volk während der NS-Zeit gedenken, stehen in Berlin zwei Rapper im Rampenlicht der Echo-Verleihung und erhalten einen Preis dafür, die Opfer des Holocaust posthum zu verhöhnen.

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„Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“, rappen Kollegah und Farid Bang in ihrem Song „0815“, der sich auf einem Machwerk mit dem Titel „Jung, brutal, gutaussehend 3“ befindet.

Zwar nahmen die Veranstalter die sich anbahnende Kontroverse im Vorfeld des Echos zum Anlass, einen Auftritt des Duos durch den Ethikrat prüfen zu lassen, Konsequenzen zogen sie aber nicht. Die fraglichen Inhalte seien durch die Kunstfreiheit gedeckt, hieß es — ebenso wie die sexistischen, homophoben, gewaltverherrlichenden und in weiten Teilen zutiefst menschenverachtenden Texte der Rapper neben ihren antisemitischen Anwandlungen offenbar auch. Im coolen Gewand der Popkultur wird der Hass wieder salonfähig.

Damit entschieden sich die Verantwortlichen für den wohl kalkulierten Eklat. Denn es war abzusehen, dass die Auszeichnung der Rapper dem Echo zumindest einen flüchtigen Moment der Aufmerksamkeit bescheren würde — was diese blutarme und belanglose Veranstaltung auch dringend benötigt. Denn wie viele Preisverleihungen ist auch der Echo längst zu einem Fest enthemmter Selbstbeweihräucherung der Bussi-Bussi-Branche verkommen. Mitnichten geht es dabei um die künstlerische Leistung der Musiker, sondern um ihren kommerziellen Erfolg als Hauptkriterium für Preiswürdigkeit.

Dass die Echo-Verantwortlichen sich jetzt womöglich auch noch mit dem Anspruch schmücken werden, mit diesen Preisträgern eine politische Debatte losgetreten zu haben, ist die vielleicht ärgerlichste Erkenntnis dieser durchsichtigen PR-Posse. Denn die geistigen Brandstifter Kollegah und Farid Bang stehen nur stellvertretend für eine beachtliche Gruppe deutscher „Gangsta-Rapper“, die mit dem Reiz des Verbotenen die Generation Smartphone umgarnen und mit dem Bedienen alter Ressentiments Kasse machen. Gerne verbunden mit der wehleidigen Attitüde von einem, „der von ganz unten kommt“.

Da setzte Campino mit seiner Wutrede beim Echo einen mutigen Akzent und bewies damit jene Haltung, die die Veranstalter schmerzlich vermissen ließen. Respekt.