Meinung Der neue Chef muss liefern

Mit welcher Strategie will die Deutsche Bank in die Zukunft gehen? Diese Frage hat Noch-Vorstandschef John Cryan in seiner dreijährigen Amtszeit nicht beantwortet. Stattdessen steht sein Name für tiefrote Zahlen, Wertverlust, ein schwächelndes Kapitalmarktgeschäft und sinkende Marktanteile.

Foto: Sergej Lepke

Dem Mann, den Aufsichtsratschef Paul Achleitner als harten Sanierer geholt hat, ist es nicht gelungen, die Bank wieder auf Kurs zu bringen. Nun soll der glücklose Chef abgelöst werden — weit vor Ablauf seines Vertrages 2020.

Die Personalie Christian Sewing dürfte für die Bank zu einer Richtungsentscheidung werden. Sewing, der vor fast 30 Jahren in einer Bielefelder Filiale seine Karriere bei der Deutschen Bank begonnen hat, verantwortet das Privatkundengeschäft. Er gilt als geerdet und genießt das Vertrauen der Mitarbeiter in Deutschland. Wenn er an die Spitze rückt, dürfte das Investmentbanking, das der Bank milliardenschwere Prozesse beschert hat, an Bedeutung verlieren. Dafür spricht auch, dass der als Kronprinz gehandelte Marcus Schenck, der im Vorstand das Investmentbanking verantwortet, vor dem Absprung stehen soll.

Mit welcher Strategie will die Deutsche Bank in die Zukunft gehen — und wie wieder Geld verdienen? Diese Frage muss nun ein neuer Chef beantworten. Leicht wird das nicht. Im Kapitalmarktgeschäft stehen die US-Investmentbanken unschlagbar an der Spitze. Die Deutsche Bank ist derzeit an der Börse 23,5 Milliarden Euro wert. US-Branchenprimus JPMorgan Chase kommt auf umgerechnet 302,5 Milliarden Euro. Auf dem deutschen Privatkundenmarkt liegen Sparkassen und Genossenschaftsbanken vorn. Hier hat die Deutsche Bank viel Vertrauen verspielt, weil Privatkunden jahrelang als unwichtig und unrentabel galten. Die Antwort auf die Frage könnte existenziell werden. Wenn die Großaktionäre aus China und Katar die Geduld verlieren, ist auch eine Aufspaltung der Bank nicht mehr undenkbar.