EU: Merkels ganz normales Auftreten

Deutschland löst nicht mehr alle Problemen mit der Geldbörse.

Es klingt wie Beschimpfungen: Als "Madame No" musste sich die Bundeskanzlerin von EU-Diplomaten bezeichnen lassen, als "Eiserne Lady" gar. Nun wollte Ex-Bundesaußenminister Joschka Fischer noch eins draufsetzen und titulierte Angela Merkel als "Frau Germania". Ob die Herren merken, dass die vermeintlichen Schmähungen in Wahrheit Worte der Anerkennung sind? Merkel war - auch und gerade mit Blick auf die schlechte innenpolitische Stimmung - geradezu darauf aus, sich als kühle Sachwalterin deutscher Interessen zu präsentieren. Das ist ihr hervorragend gelungen.

Die europäischen Partner werden sich von nun an daran gewöhnen müssen, dass das Durchpauken nationaler Interessen nicht mehr allein den Briten, Franzosen oder Polen vorbehalten ist. Sie werden sich daran gewöhnen müssen, dass sich gegen Deutschland als größtes Land der EU keine Politik machen lässt. Und sie werden sich daran gewöhnen müssen, dass Deutschland nicht mehr alle Probleme löst, indem es die Geldbörse zückt. Die Zeit war reif für ein solches Exempel. Merkels Verhalten als Regierungschefin war weder selbstherrlich noch europafeindlich, sondern schlicht: normal.

Was der Sache besonderen Charme verleiht, ist, dass mit dem EU-Beschluss nicht nur deutsches Steuergeld geschützt wird. Er ist auch im griechischen und gesamteuropäischen Interesse. Die Griechen können aufatmen, weil die Finanzmärkte nun das Signal erhalten haben, dass Europa Athen im Falle des Falles nicht allein lassen wird. Und Europa kann aufatmen, weil eine Intervention des IWF verschuldete Länder zu radikalen Sparmaßnahmen zwingt, die Brüssel allein nie durchsetzen könnte. Die Angst, die USA würden so Zugriff auf die europäische Währungspolitik erhalten, ist schon mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse in den IWF-Gremien unbegründet. Zudem fehlt die Phantasie, warum sich Washington einmischen sollte.

Zurücklehnen kann sich "Frau Germania" deswegen nicht. Sie muss nun ebenso konsequent darauf pochen, dass extreme Schuldenmacher künftig härter bestraft oder sogar aus der Euro-Zone ausgeschlossen werden.

Aber keine Sorge: Deutsche und europäische Interessen sind bei Merkel in den besten Händen.