Italien: Berlusconi macht das Land unregierbar

Pattsituation bei nach Parlamentswahl in Italien

Und wieder einmal scheint sich die irrationale Liebe der Italiener zur Politoper durchgesetzt zu haben. Silvio Berlusconi, eigentlich in Rente geschickter Ex-Regierungschef und wegen Steuerbetrugs verurteilter Medienmogul, kann auf eine Mehrheit im Senat hoffen. Damit macht er den Sieg des Mitte-Links-Bündnisses von Pier Luigi Bersani im Abgeordnetenhaus wertlos und das Land unregierbar. In einer Zeit anhaltend tiefer Rezession kann die drittgrößte Volkswirtschaft der Währungsunion aber keine Lähmung gebrauchen. Genauso wenig wie die EU, für die dieser Wahlausgang ein Rückschlag ist im Kampf gegen die Schuldenkrise.

Sicher, Italien hat noch nie über eine verlässliche Parteienlandschaft verfügt. Selbst Experten dürften Schwierigkeiten haben, die dutzenden Regierungen auseinanderzuhalten, die das EU-Gründungsmitglied seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges überstanden hat. Aus deutschem Blickwinkel wirkt es geradezu grotesk, dass Berlusconi immer noch Wähler für sich begeistern kann — wo er doch an der Macht seine Versprechen nie eingelöst hat. Und der nicht zuletzt deshalb zur Wahl angetreten war, um weiteren strafrechtlichen Verfolgungen zu entgehen.

Was Italien jetzt benötigt, ist Stabilität und ökonomische Disziplin. Ex-Regierungschef Mario Monti hatte einen Reformkurs eingeschlagen, der zwar schmerzhaft war, der aber auch von den Finanzmärkten goutiert wurde. Der Sozialdemokrat Bersani wäre ein Garant dafür, das Land auf Kurs zu halten. Doch die Italiener haben den Urnengang zu einer Protestwahl gemacht. Das zeigt auch der Erfolg für den Komiker Beppe Grillo, der jegliche politische Klasse ablehnt.

Die Wahl ist nicht zuletzt eine Warnung für die Regierungen in Europa, die über Jahrzehnte unter europäischer Integration zuallererst den Wegfall von (Handels-)Barrieren und die Freiheit des Kapitals verstanden haben. Dabei ist die identitätsstiftende Dimension auf der Strecke geblieben. So lange sich daran nichts ändert, kann jede Wahl in einem EU-Land die Eurokrise verschärfen. Und Europa muss vielleicht hilflos zusehen, wie Berlusconi eine neue Politoper einstudiert. Auf dem Programm steht dann eine Version von Verdis „Nabucco“ — mit der EU als kollektivem Gefangenenchor.