Konservative in der Modernisierungsfalle
Der Zeitgeist setzt den Unions-Parteien in Deutschland zu
Am Wochenende hat die Vorsitzende der CDU geschwiegen. Aber lange wird Angela Merkel diese Taktik nicht durchhalten können. Die Diskussion um eine Gleichstellung von homosexuellen und heterosexuellen Ehen hat die Partei der Kanzlerin erreicht.
In der CDU mehren sich die Stimmen jener, die gleich bewerten wollen, was auf den ersten Blick gleich ist: das Zusammenleben zweier Menschen. Für eine Partei, die sich unter Vorsitzenden wie Konrad Adenauer und Helmut Kohl ausdrücklich konservativen Werten verbunden fühlte, kann diese Debatte zu einer echten Zerreißprobe werden, zumal die Unionsschwester in Bayern in dieser Frage spontan auf die Bremse getreten hat.
Die konservativen Parteien in Deutschland laufen in die Modernisierungsfalle. Einerseits wäre es schlicht konsequent, das Zusammenleben von Menschen steuerlich unabhängig von deren sexueller Orientierung zu betrachten. Andererseits war den Unionsparteien der Lebensentwurf Ehe immer ein besonderes Anliegen.
Das hat zwei Gründe: Erstens ist die Ehe zwischen Mann und Frau nun einmal noch der Normalfall und wird gerade von eher konservativ denkenden Menschen auch als erstrebenswert angesehen. Zweitens gilt den Unionsparteien und der sehr wahrscheinlich überwiegenden Zahl ihrer Anhänger die Ehe als Keim der Familie.
Die jetzt auch für homosexuelle Paare geforderten Steuervorteile sind nichts anderes als eine Form der Familienförderung. Dass sich viele Wähler von CDU und CSU im Zusammenhang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften schwertun, bei deren finanzieller Förderung von Familienpolitik zu sprechen, macht die Diskussion für die Parteien von Angela Merkel und Horst Seehofer so schwierig. Auf Dauer werden aber auch CDU und CSU nicht umhin können, alle Lebensgemeinschaften gleich zu behandeln.
Aus dieser Not könnten die Parteien allerdings eine Tugend machen, in dem sie das Ehegattensplitting abschaffen. Wenn Familienförderung in dem Moment beginnt, in dem Familien durch Geburt oder Adoption entstanden sind, erfüllt sie ihren eigentlichen Zweck. Ob es sich bei den Eltern um Eheleute oder Lebenspartner handelt, ist dann unbedeutend.