Meinung Koalitionsgipfel: Stimmung gut, alles gut?
Bettlägerig ist der Patient nicht mehr. Die schwarz-rote Koalition kann zumindest wieder an Krücken gehen. Eine vollständige Genesung ist freilich nicht zu erwarten. Das ist der Befund nach dem Koalitionsausschuss.
Union und SPD haben zwar die Gelegenheit zur internen Klimapflege genutzt, an einem Integrationsgesetz und ihrem weiteren inhaltlichen Vorgehen gefeilt. Doch Stimmung gut, alles gut? Nein. In der Vergangenheit war es häufig so, dass die Bündnispartner nach langen Sitzungen voller Stolz ihre Ergebnisse verkündeten, die dann im politischen Alltag wieder zerrieben wurden. Weil man sich anschließend rasch in den parteipolitischen Stellungskampf zurückfallen ließ.
Auch diesmal ist die Gefahr groß, denn die meisten Themen wurden in die weitere Beratung geschoben. Rente, Erbschaftssteuer, EEG-Reform, Elektroautos - alles noch nicht endgültig geklärt. Und eines weiß man auch aus Erfahrung: Worte und Vorgaben der drei Parteivorsitzenden gelten nicht mehr viel, wenn die Fachpolitiker ran dürfen. Das hat zuletzt der quälend lange Streit um das Asylpaket II und den Familiennachzug gezeigt. Da wurde sich nicht darum geschert, was die Chefs vorher im Kanzleramt zu Papier gebracht hatten. Also wird die Koalition bis zur Sommerpause das eine oder andere, was dringend zu erledigen ist, weiter humpelnd auf den Weg bringen. Mit leeren Händen wollen Union und SPD ja im kommenden Jahr nicht vor die Wähler treten. Spätestens ab Herbst werden dann die Hebel auf Bundestagswahlkampf gestellt, so dass von der großen Koalition inhaltlich nichts mehr zu erwarten sein dürfte.
Überfällig ist die Einigung beim Integrationsgesetz gewesen. Fördern und fordern, das ist ein richtige Ansatz, der auch von den Bürgern goutiert werden dürfte. Dahinter steckt sicherlich auch das Ziel, der AfD Argumente zu nehmen. Aber jetzt muss es in der Tat darum gehen, die Eingliederung von Flüchtlingen voranzutreiben und ihnen den Weg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Darüber möge sich bitteschön niemand beschweren angesichts einer nach wie vor brummenden Konjunktur, angesichts sinkender Arbeitslosenzahlen und eines erheblichen Bedarfs an Arbeitskräften. Für Neid gibt es keinen Grund. Wer Integration will, muss es auch möglich machen, dass die Menschen irgendwann ihr Geld selbst verdienen. Das macht sie unabhängig und vor allem unangreifbarer. An diesem Punkt ist dem Bündnis zumindest ein Schritt nach vorne gelungen.
Gleichwohl gibt es auch einen Haken. Wer noch nicht in der Lage ist, genügend Integrationskurse für Asylsuchende und Flüchtlinge anzubieten, der sollte nicht allzu laut mit Sanktionen drohen dafür, dass jemand einen Integrationskurs nicht in Anspruch nimmt. Das ist widersinnig. Aber es passt ins Bild von einer schwarz-roten Koalition, die sich nur noch mit Mühe an Krücken dahin schleppt.