Lehrer: Vom Traumberuf weit entfernt

Die Zahl der älteren Lehrer wächst weiter

Drehen sich in Lehrerzimmern die Gespräche nur noch um Erfahrungen mit Gleitsichtbrillen und Stützstrümpfen? Wenn man die Debatte über den hohen Altersdurchschnitt deutscher Pädagogen hört, drängt sich dieser Eindruck auf. Besonders krass ist es in den Klassen fünf bis zehn in NRW, in denen fast 60 Prozent der Lehrer über 50 sind.

Das hat Nachteile: Möglicherweise sind Ältere innerlich weit entfernt von der Lebenswirklichkeit ihrer Schüler. Vielleicht sind ihre Methoden nicht mehr völlig zeitgemäß. Und manch einer mag aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr so leistungsfähig sein wie sein 30-jähriger Kollege. Doch diese Annahmen sollten nicht dazu führen, ältere Pädagogen pauschal zu verunglimpfen. Denn wichtiger als Lebensjahre sind fachliche Kompetenz und eine überzeugende Persönlichkeit. Es wäre schön, wenn die Mischung — bei Alter und auch nach Geschlechtern — in den Lehrerkollegien stimmen würde, das wichtigste Kriterium für die Qualität der Unterrichtenden ist sie jedoch nicht.

Viel bedeutsamer ist, dass sich die richtigen Menschen für diesen Beruf entscheiden. Und da gibt es, nicht nur weil wegen sinkender Schülerzahlen und knapper Etats in einigen Ländern weniger Neueinstellungen erfolgen, Defizite, die sich noch zu vergrößern drohen: Immer weniger an sich geeignete Menschen werden den Lehrerberuf wählen.

Denn sie wissen, dass ihr Ansehen in der Gesellschaft nicht sehr hoch sein wird. Sie ahnen, dass sie von immer anspruchsvolleren Eltern, die sich gleichzeitig immer weniger als Vorbilder um die Erziehung ihres Nachwuchses kümmern möchten, bei schlechten Zensuren hemmungslos attackiert werden. Und ihnen ist auch klar, dass sie es häufig mit respektlosen, lernunwilligen und sogar gewalttätigen Schülern zu tun haben werden. Die Gefahr, dass freie Stellen künftig nicht mit überzeugten Pädagogen, sondern mit Leuten, die nur einen auskömmlichen Job suchen, besetzt werden, scheint riesig.

Es ist zu kurz gegriffen, nur die aus der Form geratene Alterspyramide zu beklagen oder in der Erfindung neuer Schulformen das Heil zu suchen. Es ist komplexer: Schulen können nur sinnvoll arbeiten, wenn das gesellschaftliche Umfeld stimmt. Nur dann entlassen sie junge, mündige Menschen ins Leben.