Moralisch vertretbar, aber kaum klug
Der vor dem Internationalen Strafgerichtshof beantragte Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al-Baschir trifft gewiss einen recht skrupellosen Gewaltherrscher.
Ob ein solches Vorgehen aber klug ist, darf bezweifelt werden. Und dass es dem Ziel, das Morden in der sudanesischen Krisenregion Darfur zumindest einzudämmen, dient, scheint eher ausgeschlossen.
Im Gegenteil: Es wird alle bisher erreichten Schritte zur Befriedung Makulatur werden lassen. Und niemand wird sagen können, dass die Ankläger in Den Haag nicht wussten, was sie taten. Die Warnungen von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der Afrikanischen Union waren nicht zu überhören.
Während alle UN-Resolutionen auf eine Lösung des Konflikts unter Einbeziehung der Regierung in Khartum setzen, signalisiert der Haftbefehl, dass das eigentliche Ziel nicht das Ende des Mordens, sondern ein "Regimewechsel" ist. Unter chinesischem Druck hatte Sudan der Stationierung einer gemischten Friedenstruppe aus Afrikanischer Union und UN zugestimmt. Das wird man nun vergessen können.
Hinzukommt, dass das verbreitete Bild, allein die einen seien die Schurken und die anderen nur Opfer, lediglich eine Inszenierung ist, zu der nicht zufällig Hollywood mit George Clooney und Mia Farrow auch noch das Personal liefert. Seit den 90er Jahren schwelt der Bürgerkrieg.
Eine Bevölkerungsexplosion, während zugleich die Wüste große Teile der fruchtbaren Böden holte, war Auslöser eines Gemetzels, bei dem meist arabische Nomaden die Felder der Bauern zerstören, die meist afrikanischen sesshaften Bauern die Weideflächen der Nomaden in Besitz nehmen.
Ein Massenmord, wie er Afrika immer wieder heimsucht, von der Zentralregierung in Khartum kaum zu steuern, der sich aber durch den Fluch des sudanesischen Öls zum Stellvertreterkrieg zwischen Washington und Peking entwickelt hat.
China kontrolliert derzeit das Öl und stützt die Regierung mit Wirtschaftshilfe und Waffen. Den Aufständischen in Darfur liefert der Westen Propaganda und natürlich auch Waffen. Der Haftbefehl mag das Bedürfnis befriedigen, angesichts des unvorstellbaren Gemetzels endlich einen Schuldigen am Wickel zu haben. Den betroffenen Menschen wir er eher schaden.