Philipp Röslers Herbst der Entscheidung
Die Diskussionen um FDP-Chef Rösler reißen nicht ab
Philipp Rösler droht ein äußerst unangenehmer Herbst. In der Sportberichterstattung gibt es das Sprichwort: „Wenn die Blätter fallen, müssen auch die ersten Trainer gehen.“ Nicht ausgeschlossen, dass diese Weisheit auch auf den formell obersten Liberalen zutrifft. Es dürfte in den kommenden Monaten eng werden für den Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister. Sein Parteiamt ist in höchster Gefahr.
In den vergangenen Wochen mehrten sich die Berichte über Landesverbände, die ihre Landtagswahlkämpfe ganz offen ohne Rösler planen. Das haben schon Wolfgang Kubicki in Schleswig-Holstein und vor allem Christian Lindner in NRW so gehandhabt. Sie haben das nur nicht so offen thematisiert. Beide hatten allerdings großen Erfolg.
In Bayern hingegen und sogar in Röslers Heimat Niedersachsen mehren sich die Stimmen in den eigenen Reihen, die vor Auftritten des jungen Parteichefs warnen. Ein FDP-Chef als Kassengift? Dieses Etikett hat einst Wolfgang Gerhardt und vor noch nicht allzu langer Zeit Guido Westerwelle ihre Chefposten gekostet. Rösler ist in einer ähnlichen Situation.
Dafür gibt es zwei Hauptgründe. Rösler hat die Erfolge in Düsseldorf und Kiel aus welchen Gründen auch immer vor allem sich selbst zugerechnet. Dabei hat er komplett ausgeblendet, dass Lindner und Kubicki alles daran gesetzt hatten, sich von ihm zu distanzieren und dabei die Grenzen der immer gebotenen Loyalität ausloteten. Lindner setzte im Wahlkampf ganz bewusst den Begriff der Solidität, um sich von der Vorstellung der Bundespartei abzusetzen. Er bekam dafür im Mai ein sehr ordentliches Ergebnis.
Rösler hingegen machte unbeirrt weiter. In Talkshows stellte er munter den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone massiv infrage und redete die Folgen eines Austritts für Deutschland klein. Das ist nicht nur in Teilen falsch, sondern für einen Vizekanzler fahrlässig.
Lindner und Kubicki beobachten das genau, beide melden sich wieder häufiger bundespolitisch zu Wort. Nicht ausgeschlossen, dass schon bald etwas passiert, wird gemunkelt. Beide haben aber (derzeit) keine Ambitionen auf den Parteivorsitz. Der fiele wohl an Rainer Brüderle, als Mann des Übergangs.