Schneller, höher, weiter — gelassener

Die Deutschen verpatzen den Olympia-Start in London

Was war das für eine Eröffnungsfeier in London! Nach der Machtdemonstration von Peking vor vier Jahren brachten die Briten am späten Freitagabend die Fröhlichkeit und die Leichtigkeit zurück zu den Olympischen Spielen. Das ließ hoffen. Hoffen auf viel Spaß — nach dem Aus von Löws Jungs bei der Fußball-EM, mitten im vorgezogenen Herbst und trotz immer neuer Schreckensmeldungen in Sachen Eurokrise. Deutschland, einig Sportland.

Und nun das: Die Bundesrepublik droht, in der Depression zu versinken. Die Schwimmer um das Traumpaar Paul Biedermann und Britta Steffen gehen zum Auftakt in London baden. Und auch sonst ist zunächst Ebbe im Medaillenspiegel. Die Sport-Statistiker haben errechnet, dass seit 44 Jahren kein olympischer Start so schlecht für Schwarz-Rot-Gold war wie dieser bei den 30. Sommerspielen. Welche Katastrophe! Oder vielleicht doch nicht?

Natürlich gehört zum Sport der Ehrgeiz, der Schnellste, Höchste oder Weiteste zu sein. Sonst könnte man ja auch stricken. Und natürlich sind wir stolz, wenn unseren Athleten Medaillen um den Hals gehängt werden, wir die Entwicklung des Medaillenspiegels wie eine Fieberkurve verfolgen.

Zum Sport gehört aber auch das Scheitern. Das sollte man unseren Olympioniken zugestehen. Kein Gold, kein Silber oder Bronze ist vor dem Wettkampf sicher.

Die Sportler trainieren monatelang hart und diszipliniert. Im alles entscheidenden Moment geben sie alles, landen dabei nicht immer auf dem Podium. Sie sind keine Maschinen, sondern Menschen. Genau das aber macht den Spitzensport so reizvoll, die Wettkämpfe so emotional, Olympia so anziehend. Da geht es um ganz große Gefühle — im Sieg wie in der Niederlage.

Olympische Momente, die die Ewigkeit überdauern, wird es auch in London geben. Wenn der Außenseiter ganz groß rauskommt und ein neuer Star geboren wird. Vielleicht gehört 2012 auch ein deutscher Sportler zu diesen Überraschungen.

Wenn nicht, ist es aber auch nicht schlimm. Denn neben dem „schneller, höher, weiter“ gibt es eben auch noch das andere Motto: „Dabei sein ist alles.“ Auch am Fernseher.