Kommentar Röttgen macht allen einen Strich durch die Rechnung

Meinung | Berlin · Norbert Röttgen ist Außenpolitiker. Und zwar ein guter. Doch was die Union braucht, ist Innenpolitik first. Kann Röttgen das auch liefern?

 Norbert Röttgen, (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags überraschte mit seiner Ankündigung als CDU-Bundesvorsitzender kandidieren zu wollen.

Norbert Röttgen, (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags überraschte mit seiner Ankündigung als CDU-Bundesvorsitzender kandidieren zu wollen.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Norbert Röttgen ist Außenpolitiker. Und zwar ein guter. Der Mann hat das Ganze im Blick, er denkt in internationalen Zusammenhängen. Was aber unter Umständen zu groß und zu abstrakt sein könnte. Denn die Union braucht konkrete Lösungen, damit ihr die Wähler nicht länger davonlaufen; sie benötigt Antworten darauf, warum die Ost-CDU inzwischen völlig anders tickt als die im Westen. Soll heißen: Innenpolitik first. Kann Röttgen das auch liefern?

Mag sein, dass Röttgen für sich persönlich die letzte Chance auf die große Karriere sieht nach dem Zerwürfnis mit Angela Merkel vor einigen Jahren. Vielleicht will er auch seinem ehemaligen Rivalen in NRW, Armin Laschet, ein Bein stellen. Spannend ist die Kandidatur des früheren Umweltministers vor allem deshalb, weil er den potentiellen AKK-Nachfolgern einen Strich durch die Rechnung macht. Merz, Laschet und Spahn haben augenscheinlich darauf gehofft, mit der Noch-Vorsitzenden die Personalfragen im Hinterzimmer auskungeln zu können. Eventuell mit einer Teamlösung, wobei ein Team immer auch einer anführen muss. Daraus wird nichts mehr. Schon gar nicht, da nun vier Männer aus NRW an die Spitze wollen. Nach wie vor ist der Länderproporz in der Union wichtig.

 Ein Kommentar von Hagen Strauß.

Ein Kommentar von Hagen Strauß.

Foto: nn

Röttgen hat keine Spaßkandidatur hinterlegt. Er zwingt die „Interessenten“ jetzt zum offenen Visier – an ihm kann man nicht einfach vorbeigehen. Das macht die ganze Chose zwar komplizierter. Und die Union muss aufpassen, bei der Vorsitzenden-Suche nicht wie die SPD zu enden. Aber zugleich wird der Prozess innerparteilich demokratischer. Das ist gut so. Außerdem spricht sich Röttgen für eine Mitgliederbefragung aus. Anders als die anderen. Ein solches Verfahren bedeutet für ihn ein hohes Risiko: Er ist jetzt schon Außenseiter – und wenn man die CDU-Basis befragt, hätte derzeit wohl Friedrich Merz die besten Karten.