Strittiges Gesetz im Test

Beatrix von Storch, Juristin, dürfte die gesetzlichen Grenzen genau kennen. Ihr Tweet über die „muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden“ war nicht nur die übliche AfD-Hetze. Er war auch ein bewusster Test auf die Akzeptanz eines neuen Gesetzes, das nicht nur von den Rechten kritisiert wird, sondern auch von allen anderen Oppositionsparteien, von Journalisten, von vielen Verfassungsrechtlern.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Besser gesagt: Das Gesetz, das den Hass in Facebook und anderen sozialen Medien unterbinden soll.

Das Regelwerk ist, kaum in Kraft getreten, wieder massiv in die Diskussion geraten. Diesen Punkt hat von Storch ganz ohne Zweifel gemacht. Und die Kritik ist nicht falsch. Wieso dürfen die Anbieter entscheiden, was ein „offensichtlich rechtswidriger“ Beitrag ist, warum müssen sie es unter Androhung hoher Geldstrafen sogar? Warum machen das nicht Gerichte? Und wo ist da die Grenze zu Zensur und Selbstzensur? Man kann sich leicht vorstellen, wie das Unbehagen wachsen würde, wenn nicht die Rechten betroffen wären, sondern linke Kapitalismus-Kritiker.

Andererseits geht mancher Einwand viel zu weit. Die Meinungsfreiheit war auch nicht eingeschränkt, als es nur Print- und Funkmedien gab, die ebenfalls gehalten sind, nichts Gesetzwidriges zu verbreiten. Die dafür verklagt werden können und zudem Selbstkontrollorgane haben. Auch konnten schon immer verhetzende Publikationen verboten werden.

Das Gesetz ist entstanden, weil einige Nutzer der sozialen Medien die neue Technik als Freibrief zur Verunglimpfung einzelner Menschen oder ganzer Volksgruppen verstanden haben und die Anbieter dagegen nichts unternommen haben. Totale Hassfreiheit aber kann auch nicht die Antwort sein. Die Lage ruft danach, das Gesetz nach einer Testphase von vielleicht zwei Jahren auszuwerten und dann im Bundestag erneut aufzurufen. Um es nachzubessern.