Wahlwochen: Ein hilfloser Vorschlag
SPD denkt an Wahlwochen statt Wahltage
Es ist richtig, dass SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi das Thema Nichtwähler auf die Tagesordnung bringt. Man darf sich in der Tat nicht damit abfinden, dass bei manchen Wahlen weniger als 50 Prozent der Berechtigten ihre Stimme abgeben. Doch ihr Vorschlag offenbart eine ganze Menge Hilflosigkeit: Damit mehr Bürger abstimmen, soll es Wahlwochen statt Wahltage geben.
„Ein langweiliger Kino-Film wird auch nicht besser, wenn man ihn länger laufen lässt.“ Mit dieser Formulierung trifft der Grünen-Politiker Volker Beck den Kern. Den meisten Nichtwählern mangelt es nicht an Zeit und Gelegenheit. Dank Briefwahl kann schon heute unabhängig von Tag und Ort sowie über einen längeren Zeitraum abgestimmt werden.
Auch die Idee von mobilen Wahlkabinen, die Fahimi ins Spiel bringt, greift zu kurz. Ein Nichtwähler wird kaum zum Wähler, nur weil ihm die Wahlkabine vor die Nase gesetzt wird. Zudem würde eine Abstimmung etwa vor Supermärkten oder Bahnhöfen den demokratischen Wahlakt vollkommen beliebig machen. Jene, die quasi zwischen Tür und Angel wählen würden, dürften sich kaum mit den Inhalten auseinandergesetzt haben. Das aber kann nicht im Interesse der Demokratie sein.
Die Lösung liegt vielmehr bei den Politikern selbst. Das ist keine neue Erkenntnis, doch sie ist noch immer nicht in den Köpfen der Verantwortlichen angekommen: Politiker müssen die Bürger mehr erreichen. Sie müssen klar und deutlich machen, dass wirklich jede Stimme zählt. Sie müssen den Bürgern das Gefühl geben, dass Politik sie ernst nimmt. Wer nur kurz vor den Wahlterminen mit Präsenz glänzt, wer Wahlversprechen nicht einlöst, oder wer erkennbar Wahlgeschenke wie etwa die Rente mit 63 verteilt, der vermittelt nicht den Eindruck einer vorausschauenden, verlässlichen Politik.
Und wer Entscheidungen wie jüngst die umstrittene Pkw-Maut nur aus parteipolitischem Proporz durchboxt, der braucht sich nicht zu wundern, dass sich die Bürger mit Grausen abwenden — und den Parteien den Rücken kehren. Nicht umsonst beklagen die großen Volksparteien auch in diesem Jahr wieder einen enormen Mitgliederschwund.