Was Clements Rücktritt offenlegt

Die neue SPD-Führung muss Farbe bekennen.

Wolfgang Clement bleibt sich auch bei seinem Abgang treu: Er überrascht die Öffentlichkeit mit einer Volte. Erst lässt er die zerstrittene SPD darum ringen, ob für einen Wirtschaftsliberalen wie ihn noch Platz in dieser Partei sei. Dann brüskiert er seine Fürsprecher damit, dass er gar keinen Wert darauf legt. Er liest der SPD künftig lieber als Zeitungskolumnist die Leviten - von allen Fesseln der Solidarität befreit.

Ganz offensichtlich hatte sich Clement schon vor dem Spruch der Bundesschiedskommission dazu entschieden, der Partei den Rücken zu kehren. Und genüsslich ließ der Medienprofi einen Tag verstreichen, um ein zweites Mal die Schlagzeilen für sich zu haben. Da geht einer, der schon immer nicht nur das Wohl des Landes und der SPD im Auge hatte. Ihn hat auch stets seine Eitelkeit angetrieben.

Im linken Flügel der Partei ist das Aufatmen deutlich zu vernehmen, während Clements Fürsprecher persönlich getroffen sind. Am schärfsten hat das sein Düsseldorfer Weggefährte Edgar Moron ausgedrückt, der den Vergleich zu Oskar Latontaines Abgang nicht scheut.

Diese ganz unterschiedliche Gemütslage der beiden Lager mag für viele Genossen die Entscheidung Clements erträglicher machen. Das ändert allerdings nichts daran, dass sein Entschluss der SPD nachhaltig zusetzen wird.

Franz Müntefering, der sich für Clements Verbleib in der Partei ganz persönlich eingesetzt hatte, wird von diesem bewusst düpiert. Zudem wirft der ehemalige Bundeswirtschaftsminister und NRW-Ministerpräsident zwei unbeantwortete Fragen auf: Ist die SPD noch bereit, eine industriefreundliche Arbeitsmarktpolitik zu betreiben? Und findet Sie die Kraft und das Selbstbewusstsein, sich von der Linkspartei und deren zweifelhaften Wurzeln abzugrenzen, anstatt auf Kosten der Glaubwürdigkeit auf eine rot-rot-grüne Machtoption zu schielen?

Nach dem Desaster der SPD in Hessen macht Wolfgang Clements Abtritt endgültig klar, dass das neue SPD-Führungsduo Müntefering/Steinmeier schon jetzt mit seiner Strategie gescheitert ist, sich bis zur Bundestagswahl vor diesen Kernfragen zu drücken. Die Adressaten dieser Botschaft mögen noch so schäumen: Clement wird das als letzten Dienst an seiner Partei verstehen.