Sicherheit im Netz Arabische Netzinhalte im Visier der Medienaufsicht
Düsseldorf · Terroranschläge mutmaßlich radikalisierter ausländischer Straftäter hinterlassen immer wieder Tod, Schrecken und Ratlosigkeit. Welche Rolle spielen dabei toxische Medieninhalte?
Medienwächter wollen mit einer erweiterten Software zur Kontrolle von Rechtsverstößen im Internet jetzt auch arabische Inhalte mit in ihren Fokus nehmen. Mit der wachsenden Nutzung arabischsprachiger Angebote in Nordrhein-Westfalen steige auch die Gefahr, dass extremistische Inhalte in Medien und sozialen Netzwerken verbreitet würden, erläuterte die Landesanstalt für Medien (LfM) ihre Initiative.
Deswegen werde ihre vor vier Jahren gestartete Software „KIVI“ im Frühsommer mit der Fähigkeit ausgestattet, auch englisch- und arabischsprachige Inhalte mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) zu analysieren. Ermöglicht werde dies mit Fördermitteln aus NRW.
Das sei Teil des Maßnahmen-Pakets, das die Landesregierung nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Terroranschlag von Solingen im vergangenen Sommer beschlossen habe, erklärte Staatskanzleichef Nathanael Liminski (CDU) in Düsseldorf. „Wir wollen Desinformation eindämmen und Radikalisierung frühzeitig bekämpfen.“ Mit dem erweiterten Werkzeug werde die Schlagkraft von „KIVI“ gestärkt.
KI spürt Tausende Rechtsverstöße auf
Seit Einführung des KI-Werkzeugs seien bereits mehr als 40.000 Funde geprüft und mehr als 8.600 Verfahren wegen Rechtsverstößen eingeleitet worden, bilanzierte LfM-Direktor Tobias Schmidt. Dabei sei es etwa um Verstöße gegen die Menschenwürde, Gewaltdarstellungen, Extremismus, Pornografie und schwere Jugendgefährdung gegangen. Mittlerweile werde „KIVI“ von allen 14 Landesmedienanstalten in Deutschland genutzt.
Um mehr über die Nutzung arabischsprachiger Medien in Deutschland in Erfahrung zu bringen, hat die LfM im vergangenen November eine - allerdings nicht repräsentative - Online-Befragung durchgeführt. Die Stichprobe umfasste den Angaben nach knapp 700 Teilnehmer ab 16 Jahren mit Wohnsitz in Deutschland, die sich im Internet über arabischsprachige Medien informieren.
Infos aus dem arabischen Medien-Kosmos
Die Kernergebnisse:
- 40 Prozent dieser Nutzer konsumieren ausschließlich oder überwiegend arabischsprachige Medien.
- Soziale Medien sind für 78 Prozent die wichtigste Informationsquelle.
- Dahinter folgen Nachrichtenwebseiten (63 Prozent) und Online-Fernsehsender (55 Prozent).
- Al Jazeera wird von 81 Prozent der Befragten als wichtigstes Social-Media-Angebot genannt.
„Wir wollen die Medienkompetenz stärken, wirksame Regeln schaffen und Recht effektiv durchsetzen“, unterstrich Liminski. Neben „KIVI“ - abgeleitet aus KI wie Künstliche Intelligenz und dem lateinischen Wort vigilare (wachsam sein) - dienten diesem Ziel auch weitere Programme. Beispiele seien etwa der „Digitalcheck NRW“, der Bürgern in vielen Sprachen kostenlose Tests auf ihre Medienkompetenz ermöglicht, oder Präventionsspiele gegen Rechtsextremismus und islamistische Radikalisierung für Gamer. Darüber hinaus werde das Landeskabinett in Kürze einen weiteren „Aktionsplan gegen Desinformation“ beschließen.
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