In Zeiten der Unsicherheit Gemeinschaft erfahren Schulpfarrerin Britta Scholz nimmt sich mit Jugendlichen Zeit für drei „Tage religiöser Orientierung“

Wuppertal · Einmal im Jahr nimmt sich Schulpfarrerin Britta Scholz mit Jugendlichen Zeit für drei „Tage religiöser Orientierung“. Oft ist Schulhund Louie dabei.

Schulpfarrerin Britta Scholz mit ihrem „Seelenhund“ Louie.

Foto: Britta Scholz

Sie kommen gerade von einer Fahrt nach Altenberg mit Schülerinnen und Schülern der Oberstufe zurück, die an den „Tagen religiöser Orientierung“ teilgenommen haben. Was ist das?

Britta Scholz: Schon seit gut zwanzig Jahren bietet das Gymnasium in Vohwinkel diese Tage für die evangelischen und katholischen Religions- und Philosophiekurse an. In Wuppertal ist das eine Besonderheit. Früher haben die Lehrkräfte die „Tage religiöser Orientierung“ selbst gestaltet. Heutzutage finden sie in Kooperation mit der Evangelischen Jugendbildungsstätte Hackhauser Hof in Solingen oder der Katholischen Jugendbildungsstätte Haus Altenherg in Odental statt. In dem katholischen Haus, das ganz in der Nähe des Altenberger Doms liegt, waren wir gerade mit 34 Jugendlichen der 11. Jahrgangsstufe. In den „Tagen religiöser Orientierung“ geht es schlicht darum, über sich selbst, Gott und das Leben nachzudenken. Dafür können die Jugendlichen bestimmte Schwerpunkte wählen.

Was haben sich die Schülerinnen und Schüler ausgesucht?

Britta Scholz: Sie wollten über Glauben und Religion sprechen. Es gibt durchaus auch andere Themen wie Freundschaft und Liebe, Leben mit dem Tod oder Sinn des Lebens. Unter den Jugendlichen waren elf muslimische Schülerinnen und Schüler, die mehr über den christlichen Glauben erfahren wollten, während die anderen mehr über den Islam wissen wollten. Das war insofern spannend, als es bei diesen Tagen nicht primär um Wissensvermittlung geht, sondern darum, wie der Glaube den Alltag prägt und die Einstellung der Jugendlichen zu Leben und Tod, Freiheit und Gerechtigkeit, Vertrauen und Liebe.

Das klingt anspruchsvoll und auch anstrengend.

Britta Scholz: Wenn wir das in einen Unterricht packen würden, wäre es wohl auch so. Aber Ziel dieser Tage ist ja, dass die Jugendlichen außerhalb von Schule sehr interaktiv und spielerisch ins Gespräch kommen über ihre Fragen, Wünsche und Themen. Sie überdenken und sortieren das Leben. Zwei Studenten gestalten das Programm. Die Lehrkräfte, die mitfahren, kommen nur zu bestimmten Impulsen dazu, damit die Jugendlichen ganz offen reden können. Allerdings haben mir viele Schüler gesagt, dass ich ruhig hätte dabei sein können. Das ist der große Vorteil, den wir als Religionslehrerinnen und -lehrer und Schulpfarrerinnen und -pfarrer haben: In unserem Unterricht geht es oft um Lebensthemen. Da gibt es schon viel Offenheit und Vertrauen.

Welche Rolle spielt ihr Schulhund Louie dabei?

Britta Scholz: Auf dieser Fahrt musste er leider zuhause bleiben, weil eine Schüler eine Hundeallergie hat. Doch sonst ist er fast immer dabei und als „Seelenhund“ ein richtiger Gesprächsöffner – und zwar nicht nur für die jüngeren Schülerinnen und Schüler. Ich habe schon häufiger erlebt, dass Jugendliche sich ausgegrenzt fühlten und traurig waren. Plötzlich hatten sie im Louie im Arm und trauten sich, die anderen anzusprechen oder wurden angesprochen. Wenn er dabei ist, entspannt das die Atmosphäre und schafft Vertrauen.

Was haben die Jugendlichen von diesen Tagen mitgenommen?

Britta Scholz: Ich hatte den Eindruck, dass sie gestärkt zurückgefahren sind. In diesen Zeiten der Unsicherheit, Umbrüche und Zukunftsängste haben sie Ruhe, Gemeinschaft und Spiritualität erfahren. Alle waren begeistert vom geistlichen Impuls im Altenberger Dom mit vielen Kerzen und Musik. So wünschen sie sich Kirche. Wenn sie in zwei Jahren Abitur machen, erhalten sie einen Brief, den sie auf den „Tagen religiöser Orientierung“ an sich selbst geschrieben haben mit ihren Ideen von der Zukunft und davon, was ihnen Halt im Leben gibt. Ich hoffe, dass die Erfahrungen in Altenberg sie auf ihrem Lebensweg begleiten werden.