Geschichte LVR-Gedenkstätte Brauweiler wird wiedereröffnet

Pulheim/Köln · Über eine Treppe geht es hinab in den Keller des ehemaligen Frauenhauses der Arbeitsanstalt auf dem Gelände der Abtei Brauweiler. Es ist ein Ort, an dem während der NS-Zeit viele Gefangenen, darunter auch der spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer, unvorstellbares Leid ertragen mussten.

Blick in die neu konzipierte Dauerausstellung im ehemaligen Frauenhaus.

Foto: step/Eppinger

Seit 2008 werden die Räume vom LVR als Gedenkstätte genutzt, die an die Geschehnisse der Jahre 1933 bis 1945 in der Arbeitsanstalt und im Gestapo-Gefängnis erinnert.

Seit dem Juli 2023 wurde diese umfangreich umgebaut, erweitert und neu konzipiert. An diesem Freitag, 7. Juni, steht die Wiederöffnung an. Ihr folgt am Samstag, 8. Juni, von 11 bis 18 Uhr ein Tag der offenen Tür. Künftig hat die Gedenkstätte immer dienstags bis sonntags bei freiem Eintritt von 9 bis 17 Uhr für die Besucher geöffnet. Öffentliche Führungen gibt es jeden ersten Samstag im Monat um 14.30 Uhr (Treffpunkt Abteishop).

Der alte Zellentrakt
bleibt das zentrale Exponat

Noch immer steht der ehemalige Zellentrakt im Keller als zentrales Exponat im Mittelpunkt, wo marode Wände saniert und die Stromversorgung erneuert wurde. Verändert wurde das Konzept, mit dem nun Inhalte deutlich ausführlicher und vertiefender vermittelt werden können, sodass sich eine museale Ausstellungssituation für die Besucher ergibt. Außerdem wurde die Ausstellungsfläche auf 340 Quadratmeter verdoppelt, sodass künftig auch große Gruppen wie Schulklassen vor Ort ausreichend Platz haben.

So können die bislang nicht zugänglichen drei Waschräume nun für Wechselausstellungen genutzt werden. Dazu kommen neue Workshopräume und ein Gedenkraum, indem die 1746 bekannten Namen der Gefangenen verlesen von Schülern werden. Gezeigt werden jetzt insgesamt vier Zellen von Gefangenen, zwei Einzel- und zwei Sammelzellen.

In die neu konzipierte Dauerausstellung sind auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu Brauweiler mit eingeflossen. So kamen zahlreiche Lebensgeschichten von Gefangenen und Insassen hinzu. Über QR-Codes kann der neue Media-Guide mit Zeitzeugen- und Angehörigen-Interviews abgerufen werden. Alle Infotexte sind nun zweisprachig, in Deutsch und Englisch. Zusätzlich können weitere Sprachen wie französisch und polnisch abgerufen werden.

Zu den großen Veränderungen gehört die Barrierefreiheit der Gedenkstätte. So wurde ein neuer Aufzug installiert und der Aufzugsschacht bis in den Keller verlängert. Als Fluchtweg gibt es zudem eine neue Rampe. Außerdem wird eine Führungs- und Workshopprogramm in Leichter Sprache angeboten. Dazu kommen ein haptisches Modell des Abteigeländes und die Übersetzung der Videotexte in Gebärdensprache.

Im Flur des Zellentraktes gibt es zunächst einen Überblick über die NS-Nutzung der Arbeitsanstalt Brauweiler und einen Blick auf die Geschehnisse nach 1945. Ein Ausstellungsraum blickt auf das frühe KZ in Brauweiler und die Verhaftungen nach der Reichspogromnacht. Im zweiten großen Raum stehen die Höhepunkte der Gestapo-Verfolgung im Mittelpunkt.

In den zwei Sammelzellen geht es um die Arbeitsanstalt im Zweiten Weltkrieg sowie um jugendliche Insassen und Gefangene. Dazu kommen zwei weitgehend erhaltene Arrestzellen mit ihren Inschriften der Gefangenen sowie die Waschräume, wo aktuell die Schau „Achtung Ausgrenzung!“ gezeigt wird, bei der sich Schülerinnen des Brauweiler Abtei-Gymnasiums mit den Themen Ausländerfeindlichkeit, Bodyshaming, Armut und Behinderung auseinandergesetzt haben.

Die Neugestaltung und Erweiterung der Gedenkstätte hat insgesamt 850.000 Euro gekostet. Zwei Drittel der Kosten wurden von der Landeszentrale für politische Bildung übernommen. Dazu kamen Eigenmittel sowie Fördermittel der LVR-Museumsförderung.