Stadtgespräch: Das Alter soll später beginnen

Mit einem Vortrag der ehemaligen Bundesministerin Ursula Lehr feiert die Burscheider Senioren-Union die 75. Auflage ihres Aushängeschildes.

Burscheid. Als wollte sie ihre späteren Thesen tatkräftig unterstreichen, packt Ursula Lehr vor Beginn ihres Vortrags zunächst das wuchtige und große Rednerpult und schiebt es tatkräftig beiseite. "Sie wollen ja auch etwas sehen", sagt die 78-jährige ehemalige Bundesfamilien- und -gesundheitsministerin.

Am 3. Mai 2001 hatte die Serie der Stadtgespräche der Senioren-Union mit einem Vortrag von Marie-Luise Mettlach über alte Handwerksbetriebe begonnen. Gestern kamen rund 60 Gäste in die Schützenburg, um bei der 75. Auflage Lehrs zahlengespickten Ausführungen über eine alternde Welt und die Konsequenzen für die Kommunen zu folgen.

Anekdoten wie die von der 102-Jährigen, die ihren über 80-jährigen Sohn anfährt: "Benimm dich, sonst stecke ich dich ins Altersheim", gefallen der Altersexpertin. Sie wirbt für ein hohes Maß an Eigenständigkeit, will keine pauschalen, sondern individuelle Lösungen für die wachsende Überalterung.

Mit dramatischen Zahlen spart die Professorin dabei nicht. Die eindrücklichsten: Im Jahr 1890 kamen auf einen 75-Jährigen noch 79 Menschen, die jünger waren. 2040 werden es statistisch noch 6,2 sein, davon 1,6 im Alter von 20 bis 40 Jahren. "Ist unsere Umwelt auf diese Bevölkerungszusammensetzung vorbereitet?", fragt Lehr.

Die Antwort gibt sie indirekt mit ihren vielen detaillierten Hinweisen, wo das öffentliche Leben alten Menschen noch beim Erhalt ihrer Selbstständigkeit entgegenkommen kann. Zugleich fordert sie: "Wir müssen viel mehr deutlich machen, dass ein Leben ohne Kinder ärmer ist." Und bei längerer Lebenserwartung müsse man "das Alter später beginnen lassen".

Dazu will auch die Senioren-Union mit ihren Aktivitäten beitragen. Vorsitzender Heinz Wilgenbusch wird sich dieser Aufgabe künftig noch intensiver verschreiben: Zugunsten der Senioren-Union verzichtet er 2009 auf eine Ratskandidatur.