„Die Theaterfabrik“ Eine Wohnung ist der Geheimtipp der Theaterszene
Düsseldorf · Seit zwei Jahrzehnten hat die Theaterfabrik ihr Domizil nun schon in der Friedrichstadt. Die kreative Keimzelle gilt immer noch als Geheimtipp für Eigenproduktionen.
Hinter einer unscheinbaren Haustür an der Luisenstraße 120 in Düsseldorf-Friedrichstadt hat sich ein kleines Paradies der Off-Szene etabliert. Seit 2005 entwickelt, produziert und präsentiert die Theaterfabrik dort ihre Stücke. Mal sind es zeitgenössische Eigenproduktionen, mal Inszenierungen moderner oder klassischer Texte. Auch Impro und Musik kommen auf die Bühne.
Das Grüppchen um Theatermacher Lars Evers steckt mitten in den Proben für „Die Schule der Diktatoren“ nach Erich Kästner, die am 15. Februar Premiere hat. In Overall, mit Sneakers und Schiebermütze gekleidet, öffnet er die Haustür. Nur ein kleines Schild an der Klingel weist darauf hin, was sich an diesem Ort verbirgt. Wer nicht genau hinschaut, läuft glatt daran vorbei. Denn tatsächlich befindet sich der Eingangsbereich mit Bar und gemütlichem Aufenthaltsraum inklusive Sesseln und Sofas in einer ehemaligen Wohnung. Das ungewöhnliche Foyer führt in den Saal, der Platz für 49 Gäste bietet. Auf der Bühne wartet eine an einen Roboter erinnernde Figur mit weißer Maske auf ihren Einsatz. Dahinter beginnt der Backstage-Teil mit Garderobe, Küche und schließlich dem Allerheiligsten im Anbau: die Werkstatt, in der ständig getüftelt, gebaut oder auch repariert wird. Außerdem das umfangreiche Lager für die Requisiten.
„Ursprünglich war das hier wohl mal eine Kommune. Niemand wusste genau, wer so alles in der WG wohnt“, erzählt Lars Evers. Denn irgendwie passt diese Vergangenheit der Räume zu dem kleinen Biotop der freien Theaterszene, das dort Wurzeln geschlagen hat und sich pudelwohl fühlt. Den Begriff Leiter mag Lars Evers nicht besonders. „Ich ziehe Theatermacher vor“, sagt er, schließlich packe jeder mit an, da wo er oder sie gebraucht wird. So war es auch, als Evers zusammen mit Cornelius Kabus die Räume übernahm. Den Umbau erledigten sie weitgehend selbst. Die Übergänge der verschiedenen Rollen des „Machers“ sind dabei fließend. Mal ist er Regisseur, dann Schauspieler, Bühnenbauer, künstlerischer Leiter oder eben auch mal der Putzmann.
Theaterfabrik erhält keine städtische Förderung
„Wir sind in unserer Ausrichtung und in der Umsetzung der Stücke, die wir zeigen, komplett frei“, sagt er. Und eben diese Leidenschaft bringen alle mit, die regelmäßig neue Stoffe entwickeln und für die Bühne umsetzen. Im Gegensatz zu anderen Initiativen der freien Szene wird die Theaterfabrik nicht durch die Stadt gefördert. Nur ein gemeinnütziger Trägerverein sorgt für die rechtliche Unterstützung. Da heißt es: Eigeninitiative entwickeln. Als zusätzliche Einnahmequelle neben den Eintrittsgeldern bietet das Team regelmäßig Theater-Workshops an. „Wir haben uns über die Jahre ein festes Publikum erspielt, das auch immer wieder neue Leute mitbringt, was uns dabei hilft, weiterzumachen. Wir sind wie eine Familie“, räumt der Wahl-Düsseldorfer ein. Der Saal ist meist schnell ausverkauft.
Deshalb will das Kollektiv mit „Die Schule der Diktatoren“ zwei zusätzliche Gastspiele in der Aula der Realschule Friedrichstadt anbieten. „Der Schulleiter Christoph Lehmann war sehr offen für die Idee, vor allem, dass wir das Stück am Tag der Bundestagswahl dort aufführen“, resümiert Evers. Schließlich gehe es dabei um den Missbrauch politischer Macht und die Manipulierbarkeit der Massen; ein aktuelles Thema also.
Nicht zum ersten Mal sind die Theatermacher auch außerhalb ihres Biotops unterwegs. So waren sie beispielsweise mit dem Stück „Talent Pool“ aus der Feder von Simone Saftig im Jobcenter an der Luisenstraße zu Gast. „Ich vernetze mich gern, besonders in der Nachbarschaft“, sagt Lars Evers dazu.
Seit dem Jahr 2007 bietet die Theaterfabrik regelmäßig Kurse und Workshops in Improvisation und Ensemble an. Damit hat sich das Team ein wichtiges Standbein geschaffen. „Oft bleiben die Leute dann auch bei uns und stehen mit auf der Bühne“, erzählt Lars Evers. Man merkt ihm an, dass er stolz auf das Erreichte ist. Zwei Jahrzehnte in der Off-Szene durchzuhalten, das ist schließlich was. Und irgendwie gefällt ihm auch die Vorstellung, immer noch als Geheimtipp zu gelten.