Die etwas andere Stadtführung in Düsseldorf Mit Hip-Hop durch die bunte Stadt

Düsseldorf · Eine multimediale Führung bietet Einblicke in die Geschichte des Tanzes, der Musik und der Graffiti-Kunst. Zwei Gastgeber führen mit Vertretern der frühen Szene durch Flingern und Jahrzehnte der Kulturgeschichte.

Hatten viel Spaß bei der Hip-Hop-Stadtführung (von links): Sven Andre-Dreyer, Christian Kalles und Michael Wenzel.

Foto: Georg Salzburg (salz)

Es ist kurz vor 11 Uhr an einem Samstagmorgen. Die Sonne scheint, als sich eine Gruppe Menschen vor einem Restaurant am Ende der Kiefernstraße trifft. Sie alle verbindet das Interesse an der Düsseldorfer Hip-Hop- und Graffiti-Szene und die Vorfreude auf eine etwas andere Stadtführung. Unter ihnen ist auch Anna. Die Liebe zu Hip-Hop und Graffiti begleitet die Ratingerin seit den 90er-Jahren. Gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Julia und ihrer Nichte freut sie sich auf „Erinnerungen, die rausgekratzt werden, die man vergessen hat, oder auch Dinge, die man damals gar nicht wusste, die man jetzt noch mal mitkriegt“. Die Hip-Hop-Tour durch den Düsseldorfer Stadtteil Flingern wird von den beiden Musikjournalisten Michael Wenzel und Sven-André Dreyer organisiert. Unterstützung bekommen sie hierbei von zwei Größen der frühen Entstehungsjahre dieser Subkulturen – Hip-Hop-Artist Christian Calles, genannt Killa Calles, und Graffiti-Künstler Oliver „Magic“ Räke. Auf Letzteren freut sich Anna aus Ratingen besonders: „Er war für uns immer der Gott, den haben wir immer bewundert.“

Mit einem Bollerwagen voller Platten, Bildern aus vergangenen Tagen und Kassetten zieht die Gruppe los, begleitet von Hip-Hop-Klängen aus einem großen Lautsprecher. Der erste Halt befindet sich direkt in der bunt besprayten Kiefernstraße vor einem alten Graffito des Künstlers Magic. Hier erzählen die Stadtführer von den Anfängen des Hip-Hops und der Graffiti-Kunst.

Schon bei dieser ersten Station zeigt sich das besondere Element dieser Stadtführung. Die beiden Journalisten sind ebenso begeistert wie die zwei Künstler, die sie begleiten.

Gemeinsam erzählen sie enthusiastisch von dem Beginn der Subkultur und der Bedeutung der Kiefernstraße. Dabei fallen ihnen immer wieder Anekdoten ein, die sie mit der Gruppe teilen, etwa eine Skatebahn, die sich früher in einem der Häuser befunden hat, oder der Film „Wild Style“, der den Künstler Magic in den frühen 80er-Jahren zum Graffiti-Sprayen brachte. Dies hier ist keine normale Stadtführung, sondern vielmehr ein Begleiten begeisterter Zeitzeugen, die von ihrer Leidenschaft erzählen.

Der Spaziergang führt an weiteren relevanten Punkten der Hip-Hop- und Graffiti-Szene vorbei. Auf dem Weg der Gruppe liegt das B8-Center mit einem Graffiti-Kunstwerk der Zwillingsbrüder How und Nosm. Das Kunstwerk aus dem Jahr 2021, das sich über 20 Meter erstreckt, liefert einen Einblick in die Entwicklung der Street-Art. Auch der Kessel, ein Verkehrsknotenpunkt, an dem oft gesprayt wird, liegt auf der Strecke. Der Kessel verdeutlicht, welchem Risiko Sprayer – neben den rechtlichen – ausgesetzt sind. Denn besonders das Sprayen an Bahngleisen ist eine lebensbedrohliche Gefahr.

Ein weiterer relevanter Zwischenstopp auf dem Hip-Hop-Spaziergang ist ein Besuch in der Freizeiteinrichtung Icklack. Hier wurde in den 90er- und Nuller-Jahren deutsche Hip-Hop-Geschichte geschrieben.

Das Jugendzentrum war ein Treffpunkt für junge Hip-Hopper, darunter auch Hip-Hop-Artist Killa Calles. Er erzählt von der damaligen Zeit, während die Zuhörer Flyer anschauen, die vergangene Hip-Hop-Treffen und Events bezeugen.

Besonders donnerstags hatte der Düsseldorfer Hip-Hop im Icklack sein Zuhause gefunden, und selbst Vertreter großer Musiklabels besuchten das Jugendzentrum in Flingern. Auch wird hier besonders deutlich, wie eng verbunden die Musik und die Sprayer-Kunst sind, denn natürlich wurde die Halle, die den Hip-Hop beherbergte, in bunten Farben besprayt.

Darüber hinaus zeigt sich ein weiterer Pluspunkt des Stadtführungsformats, denn die Düsseldorfer Hip-Hop-Szene kennt sich gut. So trifft die Gruppe an dieser Station auch den langjährigen Leiter der Einrichtung, der ebenso seine Erlebnisse aus dieser Zeit erzählt.

Nach rund 4500 Schritten und drei Stunden endet die Stadtführung im WP8. Der Künstlerverein hat schon vielen Bands der Düsseldorfer Hip-Hop-Szene eine Bühne geboten. Auch dort treffen die Stadtführer auf einen Wegbegleiter, der seine Geschichte teilt, und erzählen zahlreiche Anekdoten. Die Stadtführung endet schließlich mit einer Live-Performance von Killa Calles und einer letzten Fragerunde.

Anna ist begeistert von der detailreichen Stadtführung. Viele Erinnerungen seien geweckt worden: „Es war einfach schön, die Leute von damals zu sehen, die das Ganze gelebt haben, und zu hören, wie sie das gelebt und erlebt haben.“

Und auch der Hip-Hop-Artist Killa Calles hatte viel Spaß. Dazu betont er jedoch auch, dass diese Stadtführung nicht nur Spaß macht, sondern auch wichtig ist. Nach fast 40 Jahren Hip-Hop und Rap in Deutschland werde es einfach langsam Zeit, die Geschichte festzuhalten: „Ich finde, es gibt eine Menge Geschichten, die interessant sind und eine Stadt auch anders erlebbar machen.“

Und diese Geschichten können nun in der Hip-Hop-Stadtführung in Düsseldorf erlebt werden.