Düsseldorfer Modemarke Another Cotton Lab Die irre Erfolgsstory des „Sunday Running Club“

Düsseldorf · Der „Sunday Running Club“ bewegt junge Düsseldorfer – dahinter steckt eine Unisex-Textilmarke, die jetzt alles auf eine Karte setzt.

Mitte Oktober traf sich der „Sunday Running Club“ in der Altstadt, etwa 400 Leute liefen mit. Im Vordergrund die Köpfe des Clubs und der Marke Another Cotton Lab: Niklas Janik, Felix Adams, David und Franzi Ebisch (v.l.).

Foto: Anne Orthen

Dass das hier nicht irgendein Lauftreff ist, merkt man schon beim Ankommen. Vergangene Woche Mittwochabend, Düsseldorfer Altstadt, Hunsrückenstraße: Vor der Fett Weinbar stehen Hunderte junge Menschen, um gleich gemeinsam Sport zu machen – vorher aber noch schnell ein kostenloses Kleidungsstück abzustauben. Ein Team der Modemarke Another Cotton Lab steht vor der Bar, sie haben T-Shirts mit der Aufschrift „Sunday Running Club“ mitgebracht. Und dann spielen sich Szenen ab, die Markenmitgründerin Franzi Ebisch später scherzhaft als „kleine Eskalation“ bezeichnet.

In der Menge herrscht Gedränge, Hände recken sich Richtung Ausgabe, Menschen werden nach vorn gedrückt. „Leute, in Ruhe“, ruft ein Mitarbeiter mit Megafon. „Macht mal Platz“, schreit ein anderer. Binnen Minuten sind alle 200 T-Shirts verteilt. Die eine Hälfte der Masse streift sich ihre modische Uniform über, die andere Hälfte geht heute leer aus. Mitlaufen werden alle, sieben Kilometer durch die Innenstadt. Begleitet von Partymusik aus einem Lautsprecher, der auf einem geliehenen E-Scooter mitfährt. Angeführt von Angestellten der Marke, die sich zurufen: „Habt ihr die vielen Leute gesehen? Geisteskrank!“ Später wird noch ein Rauchtopf gezündet, die Videos der Aktion gehen auf Instagram viral, der Abend klingt bei einem Freibier aus und schweißt die Teilnehmer zusammen.

Einen Tag später sitzen drei Menschen in einem Café am Carlsplatz, um zu erklären, was da gerade passiert. Franzi und David Ebisch, Mitte 30, das Bilker Gründerpaar hinter Another Cotton Lab. Und ihr 26-jähriger Chefdesigner Niklas Janik. Es ist ja so: Lauftreffs gibt es viele in Düsseldorf, die „Kraft Runners“ am Fortuna-Büdchen, die „Bridgerunners“ an der Theodor-Heuss-Brücke, der „Parkrun“ im Volksgarten. Aber der „Sunday Running Club“ ist anders, schon wegen der schieren Größe: Knapp 1700 Mitglieder gehören der Gruppierung auf der Online-Plattform Strava an. Dabei ist das alles noch ziemlich jung – und wächst mit atemberaubender Geschwindigkeit. Wie läuft das?

Vom Foto-Shooting zur
realen Idee auf der Straße

Alles begann mit einem auffälligen Schriftzug als Rückendruck, vor ziemlich genau einem Jahr. Bei einem Foto-Shooting für die neue Kollektion der Marke war das Sunday Running Club-T-Shirt eines der zentralen Kleidungsstücke und wurde schnell zum Bestseller. 30 000 Mal hat es Another Cotton Lab bis heute verkauft, zum Preis von 40 Euro, größtenteils über den eigenen Online-Shop. „Da dachten wir: Lass uns den Club doch wirklich mal starten“, erinnern sich die drei.

Gedacht, getan: Anfang Juni feierte der Lauftreff Premiere, als Begrüßungsgeschenk gab es kostenlose Shirts, zum Start kamen 20 Leute. Nachdem eine Lauf-Influencerin den Club beworben hatte, wurde es immer voller. Dabei ist der klassische Treffpunkt nicht abends unter der Woche, sondern sonntagmorgens um 8.45 Uhr. Laufen statt Lümmeln. „Das ist das neue Tinder“, sagt David Ebisch. „Die Leute wollen nicht mehr nur chillen, sondern zusammen Sport machen und da auch mal wen Neues kennenlernen.“

Mittlerweile schlängelt sich jeden Sonntag eine modisch motivierte Menschentraube durch die Stadt. „Am Anfang kamen die vor allem wegen der Shirts“, sagt Franzi Ebisch. Nun aber gebe es nur noch zu besonderen Aktionen wie neulich an der Fett Weinbar kostenlose Kleidungsstücke. „Es geht vor allem um das Wir-Gefühl“, sagt Kreativchef Niklas Janik.

Sport, Community, Style: Mit diesen Zutaten hat es Another Cotton Lab in kurzer Zeit geschafft, eine große Fangemeinschaft aufzubauen, die der Marke einen rasant wachsenden Umsatz beschert. 2023 lagen die Einnahmen nach eigenen Angaben bei einer Million Euro, dieses Jahr wird es das Zehnfache sein. Was ist das Geheimnis dieses Erfolgs? David Ebisch sagt: „Wir machen das Ganze halt schon lange.“

Damit meint er nicht das junge Label oder den Club, sondern das Geschäft mit Shirts und Marketing. Bereits 2010 brachte er sich neben dem BWL-Studium Siebdruck selbst bei und verkaufte Textilien mit plakativen Sprüchen bei Ebay. Anstatt den akademischen Abschluss zu machen, spezialisierte er sich auf das kreative Bedrucken und schnelle Versenden von Shirts. 2016 gründete er mit seiner Partnerin Franzi die Yarn Studios, dessen Teil die Marke Another Cotton Lab heute ist.

Erst produzierten Ebischs und Co. in Unterbilk und Flingern, 2021 zogen sie in eine 2000 Quadratmeter große Produktionsstätte nach Hilden. Dort arbeiten mehr als 40 Menschen für das Unternehmen. Mittlerweile ausschließlich im Dienst der angesagten Marke – bis vor einem guten Jahr aber als Dienstleister für alles mögliche: Yarn machte Merchandise für das Football-Team Rhein Fire, Videos und CD-Boxen für Rapper wie Kollegah und Farid Bang, Fan-Shirts für Sänger Mark Forster. „Alles, worauf wir Bock hatten“, sagt David Ebisch.

Aber jetzt setzen sie alles auf eine Karte. Kleidung von Another Cotton Lab wird es schon bald auch bei Händlern wie P&C geben. Der Lauftreff geht 2025 auf Deutschlandtour. Und Ende November wird es wieder eine Düsseldorfer Spezialausgabe geben – höchstwahrscheinlich erneut inklusive „kleiner Eskalation“.