Düsseldorf Bereitschaftspolizei: Harter Dienst in der Hundertschaft

Zugtruppführer Frank Weiß und seine Kollegen sind mit steigendem Aggressionspotenzial konfrontiert.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Sie sind immer dort im Einsatz, wo Menschen aufeinandertreffen, die nicht aufeinandertreffen sollten. Fans verfeindeter Fußballklubs. Rechte und linke Demonstranten. Selten freut sich jemand, wenn sie kommen: die Beamten der Düsseldorfer Bereitschaftspolizei-Hundertschaft. Die 123 Männer und Frauen sind in ganz NRW, manchmal auch darüber hinaus im Einsatz. Und häufen dabei Überstunden zu Tausenden an. Die WZ hat die „5. Bereitschaftspolizeihundertschaft“ (BPH) am Tiefenbroicher Weg besucht und mit Zugtruppführer Frank Weiß über seinen Arbeitsalltag gesprochen. Der gebürtige Düsseldorfer hat seine Ausbildung in Köln absolviert, war von 2003 bis 2012 bei der Hundertschaft der Landeshauptstadt. Nach einer kurzen Episode bei der Diensthundestaffel ist er seit August 2015 jetzt Zugtruppführer bei der 5. BPH. „Wir führen im Einsatz 36 Leute“, erklärt er die Bedeutung des Titels — drei solche Züge hat die Hundertschaft.

Gerade haben 14 neue Polizisten ihren Dienst bei der Truppe aufgenommen. Sie erwartet ein fünfwöchiges Training. „Da wird das Laufen gelernt“, erklärt Weiß — das Laufen bei der Bereitschaftspolizei. Eingrifftechniken, das Durchsuchen Verdächtiger. Übungen, wie man marschiert und sich formiert. „Das wird alles simuliert“, sagt der 41-Jährige. Vorträge übers Versammlungsrecht und Fußballeinsätze gibt es, Übungen mit Reiter- und Hundestaffel. Und viel Training mit dem Einsatzmehrzweckstock (EMS — wieder eine Abkürzung), dem wichtigsten Einsatzmittel der Hundertschaft. Zwei Stunden monatlich muss jeder ihrer Beamten auch nach der Ausbildung stets damit üben. Weiß: „Das Training wird sehr hoch gehängt.“

Frank Weiß ist wie so viele der jungen Einsatzkräfte zur Hundertschaft gekommen, weil er „das Abenteuer“ suchte, so sagt er. Auch die körperliche Herausforderung mag er — nicht selten läuft er im Sommer sieben Kilometer in voller Montur mit Schussweste, Arm- und Beinprotektoren, Helm und Anzug neben Demozügen her und schwitzt jedes Kleidungsstück durch. Es komme auch vor, dass auf der Straße mal jemand sage: „Ihren Job will ich ja nicht haben — aber gut, dass Sie da sind.“

Das allerdings sei selten. Meist sei man unwillkommen. Und: „Das Aggressionspotenzial ist definitiv höher geworden“, hat Weiß über die Jahre erlebt. Ein Trend, der sich durchziehe von Demonstranten bis zu Fußballfans, „aber auch bei Jugendlichen in der Altstadt“. Er werde bespuckt, habe schon Steine an den Kopf bekommen, jede Menge Verstauchungen erlitten, einmal die Hand gebrochen. „Aber ernsthaft verletzt war ich zum Glück noch nie.“

Jetzt in der Führungsriege ist das Leben für ihn ohnehin ein bisschen ruhiger geworden. Auch sein Überstundenkonto ist auf überschaubare 70 Stunden geschrumpft. In Zeiten als Gruppenbeamter waren es knapp 1000. 200 bis 250 Überstunden pro Kopf sind Durchschnitt, die gesamte Düsseldorfer BPH schiebt derzeit Überstunden im deutlich fünfstelligen Bereich vor sich her.

Hinter dieser gewaltigen Zahl stecken große Herausforderungen fürs Privatleben der Beamten. Denn jederzeit können Einsätze hereinkommen, die ad hoc abgearbeitet werden müssen. Demos werden verschoben, ganze Einsätze unter den Bereitschaftspolizei-Einheiten des Landes laufend neu verteilt. „Das ist das große Manko: Man kann privat nichts planen“, erklärt Frank Weiß. „Genehmigter Urlaub ist sicher. Aber freie Tage — die sind weg wie nichts. Man muss hochflexibel sein.“ Folgendes Beispiel ist keine Seltenheit: Weiß und seine Kollegen sind auf der Heimfahrt von einem Demo-Einsatz, fahren an Essen vorbei. Da wird aus der Stadt ein eskalierender Familienstreit gemeldet, die Polizei braucht Unterstützung für den Zugriff. „Da bist du eigentlich auf der Rückfahrt — und plötzlich wieder im Einsatz.“ Wie viele durchgearbeitete Stunden sein Rekord sind, möchte er nicht verraten. Wohl aus gutem Grund.

Mit 25 Prozent hat die Ausbildung — auch der Dienstsport — einen hohen Anteil an der Arbeitszeit der Hundertschaftskräfte, um für diese Belastung fit zu sein. In diesem Jahr machten Sondereinsätze allerdings bisher schon 72 Prozent der Arbeit der Düsseldorfer aus. Zu 21 Prozent allein die Rechts-Links-Demos, 17 Prozent Fußballeinsätze. Bei Fortuna sei es derzeit ruhig, sagt Weiß: „In den unteren Ligen passiert meist mehr als in der Bundesliga.“ Er ist aber auch bei Razzien dabei, Staatsbesuchen, geht für die Ermittlungskommission, die derzeit Halskettenräuber in Düsseldorf jagt, in Zivil auf Streife.

Es ist die Vielfalt, die Frank Weiß reizt: „Ich mache das gerne — und ich werde es auch noch ein paar Jahre machen.“