„Das Kinderhospiz ist auch ein Ort der Freude“
Acht Kinder sprachen am Samstag auf einer Pressekonferenz im Landtag über ihre Hoffnungen und Ängste.
Düsseldorf. Acht Kinder sitzen auf der Bühne im Presseraum des Landtags NRW. Sie alle eint, dass eines ihrer Geschwisterkinder lebensverkürzend erkrankt ist. So auch Annika, zwölf Jahre alt, deren kleine Schwester Neele im Rollstuhl neben der Bühne sitzt.
Ein letzter Kuss auf die Wange ihrer Schwester, dann geht es los. Im Countdown zählen die Kinder die letzten Sekunden bis zum Beginn der Konferenz zum Tag der Hospizarbeit. Ihre Aufgabe: Zu erzählen.
Sie erzählen von schweren Momenten, aber auch von Freude, kleinen Momenten des Glücks und der Suche nach einem Alltag voller Lebenslust. Deutlich wird: Hier steht nicht die Krankheit im Vordergrund, sondern die Freude.
„Was viele nicht wissen, ist, dass in den betroffenen Familien trotz Krankheit ganz viel Lebensfreude herrscht“, erzählt Harriet Kämper, Koordinatorin des Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienstes. Diese Lebensfreude soll den Kindern auch durch die ambulante und stationäre Hospizarbeit geschenkt werden.
Harriet Kämper und Melanie van Dijk, Geschäftsführerin des Kinder- und Jugendhospiz Regenbogenland bieten den Familien die Möglichkeit, den schweren Weg von der Diagnose bis zum Tod des erkrankten Kindes gemeinsam zu gehen.
„Wir wollen Solidarität schaffen und den Familien Lebensräume und Lebenszeit schenken“, sagt Harriet Kämper. Für viele Familien bedeutet die Möglichkeit, die Hilfe des Hospizes in Anspruch zu nehmen, sehr viel.
„Die Scheu, die viele vor dem Hospiz haben, kommt daher, dass man es als Sterbebegleitung ansieht, dabei ist es vielmehr eine Lebensbegleitung“, betont der Vater von Annika und Neele. Wie ein kleiner Urlaub sei das für die Familie.
Johanna, deren kleiner Bruder David erkrankt ist, ergänzt: „Das Hospiz ist auch ein Ort der Freude, selbst wenn man das nicht denkt. Egal, wann man dorthin kommt, es ist immer auch voller Leben und voller Glück. Das finde ich sehr schön.“ Die anderen Kinder nicken zustimmend.
Mitleid? Das wollen sie alle unter keinen Umständen. Die elfjährige Jill, deren Schwester Sarah erkrankt ist, erklärt warum: „Alle denken, ich müsste immer traurig sein, weil Sarah so krank ist, aber das ist doch gar nicht so. Wir haben eine Menge Spaß zusammen und ich bringe ihr viele Dinge bei, wie das bei Schwestern eben normal ist.“
Es sind berührende Geschichten, die die Kinder erzählen. Berührend deshalb, weil sie so normal sind. Keine dauerhafte Trauer, keine Hoffnungslosigkeit herrscht hier vor, sondern stattdessen genießen die Kinder den Moment. „Mit meiner Schwester zusammen ist jeder Moment schön“, erzählt Annika und schielt dabei zu Neele, die zustimmend nickt. „Auch wenn wir uns manchmal streiten.“
Trotzdem genießt sie auch die Momente, wenn Neele im Kinderhospiz betreut wird und sie mit ihrer Mutter in die Stadt oder ins Kino gehen kann.
Dass der Hospizdienst auch mit dem Tod der erkrankten Kinder nicht aufhört, gibt vielen Familien Halt und Hoffnung. Judy Machiné hat einen 18-jährigen Sohn, Daniel, der lebensverkürzend erkrankt ist. „Der Hospizdienst spannt für mich eine Brücke, wo ich sonst keinen Halt hätte. Wenn Daniel einmal tot ist, wie soll ich dann weiterleben? Das Hospiz ist dann die einzige Kontinuität, die ich habe“, erzählt sie mutig und offen von ihren Ängsten und Hoffnungen.
Und so bleibt von der Kinderpressekonferenz beim Publikum wohl vor allem ein Eindruck: Dass trotz Trauer und Krankheit Glück und Lebensfreude in den Familien herrschen und der ungebrochene Wille, jeden Moment des Lebens zu nutzen. Judy Machiné findet dazu die passenden Worte: „Momente des Glücks sind wie Diamanten. Man muss sie sammeln und gut aufbewahren.“