Die Schuldenfalle schnappt zu

Immer mehr Düsseldorfer sind verschuldet, besonders in zentrumsnahen Stadtteilen. Im Norden gibt es kaum Schuldner.

Düsseldorf. In Düsseldorf leben immer mehr Menschen auf Pump: 61.300 Bürger sind überschuldet. Im Vorjahr waren noch 59.000. Zudem liegt die Stadt mit ihrer Schuldner-Quote von 12,34 Prozent über dem Durchschnitt in NRW und im Bund - trotz des hohen Wirtschaftspotenzials und der Einkommenskraft vieler Bürger.

Am Dienstag stellten Creditreform, Volksbank und die Konjunkturforschung Regional den Schuldneratlas 2010 für Düsseldorf vor. Besonders bedenklich ist laut Rainer Bovelet, Wissenschaftlicher Leiter der Konjunkturforschung, der Trend, dass die Gruppe derjenigen, die tief in der Schuldenfalle stecken, größer geworden ist.

Ihre Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 6,8 Prozent auf rund 35.094 gestiegen. Doch auch die Zahl der Bürger, die nur vorübergehend eine finanzielle Krise durchleben, das heißt Rechnungen nicht bezahlen und Mahnungen von Gläubigern erhalten, ist gewachsen - um 5,54 Prozent auf rund 27 510.

Laut Bovelet liegt das Problem der Überschuldung neben Arbeitslosigkeit vor allem "im großstädtischen Konsumangebot und den damit verbundenen Versuchungen". Statuskonsum orientiere sich meist nicht am individuell wirtschaftlich Möglichen, sondern am Wünschbaren. Die Schichtzugehörigkeit und Lebenshaltung würden deutlich mit der Bereitschaft korrespondieren, sich zu verschulden.

Besonders die junge kreative Leistungselite, die in der Werbe- und Medienstadt überdurchschnittlich vertreten ist, weist mit 10.100 Schuldnern erhöhte Überschuldungswerte auf. "Der Trend, dass immer mehr junge Menschen in die Schuldenspirale rutschen, ist sehr bedenklich", sagt Detlef Frormann, Geschäftsführer der Creditreform. Allein im Regionalraum Düsseldorf sind 4.100 der 18 bis 20-Jährigen überschuldet - das sind 37 Prozent mehr als 2009.

Frormann fordert deshalb, dass sich Bund, Länder und Kommunen an einen Tisch setzen und Konzepte zur Förderung der Finanzkompetenz erarbeiten. Volksbank-Vorstand Rainer Mellis plant derzeit ein solches Projekt in Neuss. Ab Sommer werden dort geschulte Berater in Hauptschulen ein halbes Jahr lang über sogenannten gesunden Konsum unterrichten. "Bei vielen fängt die Überschuldung schon bei der Handyrechnung an", sagt Mellis. "Wenn das Projekt erfolgreich ist, möchten wir es auch in Düsseldorf einsetzen."

Bovelet fordert zudem eine qualifizierte Informationsoffensive zur Überschuldungsproblematik sowie eine Stärkung und den Ausbau der Insolvenz- und Schuldenberatung. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen in Düsseldorf ist im Vergleich zu 2009 um 13,5 Prozent gestiegen - 562 Bürger machten in diesem Jahr von dem Instrument bisher Gebrauch.

Bovelet ist das nicht genug: "Die private Insolvenz ist immer noch ein Tabuthema mit großem Schamfaktor." Darüberhinaus müsse die Politik eine verantwortungsbewusste Kreditvergabe der Banken fördern. Die Schuldnerforschung solle in die Armuts- und Bildungsdebatte in Zukunft stärker eingebunden werden.

"Insgesamt hätte der Anstieg der überschuldeten Bürger angesichts der vorjährigen Wirtschaftslage und der düsteren Prognosen aber deutlich schlimmer ausfallen können", sagt er. Ein Rückgang der Schuldnerzahl sei frühestens 2012 zu erwarten.