Brauchtum in Düsseldorf Das soziale Gewissen von Gerresheim

Düsseldorf · Die Gerresheimer Mädchen sind ein quicklebendiger Heimatverein, der vor allem eines im Sinn hat: Geld für den guten Zweck zu sammeln. Dafür organisieren sie eine Hitparade oder kochen bei Stadtteilfesten.

Petra Mertens, Gilla Münster, Eva Höche und Heidi Fuchs (hinten v. l.) sowie Hannelore Kayser, Nadine Uetz und Monika Gaspers (vorne v .l.) bilden den Kern der Gerresheimer Mädchen.

Foto: Marc Ingel

Es gibt die Düsseldorfer Jonges und die Derendorfer Jonges, auch die Gerresheimer Jonges dürften vielen ein Begriff sein. Ein wenig im Verborgenen wirken hingegen die Gerresheimer Mädchen – völlig zu Unrecht natürlich, denn die 74 Frauen zwischen 44 und 98 Jahren tun viel Gutes. Nur sprechen sie nicht ständig darüber. Vielleicht eben, weil nur Frauen Mitglieder werden dürfen, „wobei die Männer schon bei unseren Aktivitäten tatkräftig im Hintergrund mithelfen“, räumt die Vorsitzende Monika Gaspers ein.

Gegründet wurde der Heimatverein 1973 in der Gaststätte „Beim Addi“. Ziel: ganz klar die Förderung und Unterstützung von gemeinnützigen und sozialen Einrichtungen, schwerpunktmäßig in Gerresheim. Als Dauerbrenner erweist sich dabei bis heute vor allem eine Veranstaltung: die Hitparade im Oktober. Inspiriert von Moderator-Ikone Dieter Thomas Heck schlüpfen die Damen in selbst gefertigte Kostüme und interpretieren Playback-Songs, wobei dem stets ein bestimmtes Motto zugrunde liegt – Musical, Schlager oder Neue Deutsche Welle zum Beispiel. Gut 50 dieser abendfüllenden Auftritte haben die Gerresheimer Mädchen bereits absolviert. Und dabei dürfen dann mit Tobias Dünschede, Hansi Höche und Wolfgang Adam (zusammen mit seiner Frau Ingrid) auch Männer als Regisseur, Trainer oder Kulissenbauer mitwirken. „Tobias hat schon als kleiner Junge mitgemacht und ist jetzt praktisch unser Chef“, erzählt Gaspers, deren Keller vollgestopft ist mit zig Kulissenbauten, während bei den anderen „nur“ die Kleiderschränke zum Besten gefüllt mit Kostümen sind.

Jedes Jahr organisieren die Gerresheimer Mädchen mit viel Aufwand eine Hitparade.

Foto: Gerresheimer Mädchen

Die Eintrittsgelder der immer ausverkauften Vorstellungen werden grundsätzlich gespendet. Anfangs noch an verschiedene Empfänger wie dem Regenbogenland oder eine Kita geht das Geld inzwischen vor allem an das Gerresheimer Netz für Armut.

Die Teilnahme am Veedelszug
ist selbstverständlich Pflicht

Die fleißigen Bienchen nehmen auch am Gerresheimer Veedelszug teil.

Foto: Gerresheimer Mädchen

Ein nicht unwesentliches Problem dabei: Das Gymnasium am Poth wird gerade in großem Stil umgebaut, dort sind die extrovertierten Frauen immer in der Aula aufgetreten. „Jetzt weichen wir in den Gemeindesaal der Gustav-Adolf-Kirche aus. Dort passen statt 400 aber nur 150 Menschen rein“, berichtet Nadine Uertz. Heißt: Es fließt auch weniger Geld in die Kasse. Eine Rückkehr ins Gymnasium ist auch nach Abschluss der Umbau- und Sanierungsarbeiten ungewiss. „Ob wir uns dann noch die Miete leisten können?“, fragt sich nicht nur Eva Höche.

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Davon lassen sich die Gerresheimer Mädchen natürlich nicht von ihrem Vorhaben abbringen, Benefiz-Aktionen durchzuführen. Sie schmieren fleißig Butterbrote, wenn am Samstag Markttag ist, backen Kuchen für den Seniorentag und kochen Chili con Carne für das Weihnachtsdorf. Noch vor dem 1. Advent findet zudem immer der Weihnachtsbasar im Zentrum plus der Diakonie am Wallgraben statt, bei dem Selbstgebasteltes und vor allem in Eigenkreation entstandene Adventsgestecke verkauft werden. Außerdem gibt’s reichlich Grünkohl, „die kommen dafür teilweise mit der Tupperdose an“, so Nadine Uertz. Wenn Petra Wienß von der Diakonie den Mitgliedern dann berichtet, dass etwa zwei bedürftige Seniorinnen endlich mal wieder richtig einkaufen gehen konnten, „dann wissen wir, warum wir das alles machen“, so Monika Gaspers.

Aber natürlich passiert auch intern viel bei den Gerresheimer Mädchen. Die Teilnahme am Veedelszug ist Pflicht, auch gibt es immer eine Jahresfahrt, ein Stiftungsfest sowie ein Grillfest auf dem Schießplatz der Schützen. Beliebt war in der Vergangenheit zudem der Karnevalströdel mit ausrangierten Hitparaden-Kostümen im Zentrum plus. „Da gibt es dann zum Beispiel Gruppenkostüme im Zehnerpack, das kommt natürlich gut an“, erzählt Heidi Fuchs. Nur ein klitzekleines Problem haben die Gerresheimer Mädchen dann doch. Denn, wenn es ums Anpacken, Organisieren und Helfen geht, erinnern sich auch andere Institutionen gerne an den femininen Heimatverein.