Finalistin des „Drag Star NRW 2025“ Mieze McCripple kommt im Rollstuhl auf die Bühne

Düsseldorf · Als die Düsseldorferin 15 war, stellten Ärzte eine Autoimmunerkrankung fest. Heute ist sie Mieze McCripple – und Finalistin bei „Drag Star NRW“.

Die Düsseldorferin tritt als Drag-Artist Mieze McCripple auf. Manchmal auch im Rollstuhl.

Foto: Melanie Zanin

Ein Hauch Glamour weht durch das Foyer des Schauspielhauses. Die fünf Finalistinnen des Wettbewerbs „Drag Star NRW 2025“ posieren für Fotos. Eine von ihnen ist Mieze McCripple. Sie zuppelt noch einmal schnell ihr mit Pailletten besetztes langes Kleid zurecht. Die Schminke und die blonde Perücke sitzen perfekt.

Was nur wenige außerhalb der Community wissen: Mieze benötigt mehr als vier Stunden, bis sie sich von Nova in eine Drag-Queen verwandelt. Und das nicht nur, weil ihre Garderobe und das Make-up so aufwendig sind. Die 29-Jährige leidet seit sie 15 Jahre alt ist an Lupus, einer seltenen Autoimmunerkrankung, die in Schüben verläuft und Entzündungen im Körper hervorruft. Die Düsseldorferin weiß nie, wann die Schmerzen wieder so stark sind, dass sie Auftritte absagen muss. „Ich habe auf der Bühne immer meinen Rollstuhl in Reichweite für den Fall, dass ich ihn brauche“, erzählt Mieze, deren Gehstock in Leopardenoptik längst zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Denn unterkriegen lässt sie sich nicht, auch wenn „es Momente gibt, in denen ich einfach nicht mehr kann“. So wie vor einigen Wochen, als sie einen Termin für eine Lesung als Drag-Queen in der Zentralbibliothek kurzfristig absagen musste, weil der Schmerzschub einfach zu stark war. Mieze sieht sich auch als Botschafterin für Drag-Künstler mit einer Einschränkung.

Ihre Bühnenkarriere startete die Düsseldorferin nicht als Drag-Queen, sondern als Poetry-Slammerin. Die Leute kannten mich als die in den „Grufti-Klamotten“, erinnert sich Nova an ihre Anfänge auf der Bühne. Der Schritt in die schillernde bunte Welt der Drags vor rund zwei Jahren war alles andere als leicht für sie. Über eine Arbeitskollegin, die als Drag Queen Remo Rivers auf der Bühne steht, kam sie erstmals in Kontakt mit der Szene und dieser Kunstform. „Anfangs war ich irritiert, weil ich gar nicht dachte, dass auch Frauen Drag sein können“, so Mieze. Aus dem TV kannte sie die US-Show „Drag Race“ und war gleich ein großer Fan von dem Format. Überzeugt davon, dass „Drag nur homosexuelle Männer machen können, hatte ich mich schon fast damit abgefunden, dass es beim Fan-Sein bleiben würde.“ Doch Remo Rivers zeigte ihr, dass auch sie aktiv werden kann, lud sie ein zu einer Pride-Veranstaltung beim Christopher Street Dayein und schlug vor, mal einen Poetry-Slam als Drag zu machen.

„Als ich meinen ersten Auftritt als Drag-Queen am Stadtstrand hatte, trug ich natürlich mein geliebtes Schwarz und hieß auch noch nicht Mieze“, erzählt sie. Das sollte sich aber bald ändern. Die Katzenfreundin wollte mit ihrem Drag-Namen auch ihre Behinderung sichtbar machen und so wurde aus Nova Mieze McCripple. In der Community fand sie Halt, Unterstützung und vor allem auch Anerkennung. „Fragen zu meiner Behinderung kamen aus echtem Interesse und ich habe erlebt, wie darauf auch Rücksicht genommen wurde“, resümiert die Studierende für soziale Arbeit. „Es war ganz normal, dass für meinen Rollstuhl Platz freigehalten wurde“, freut sie sich, wohl wissend, dass sie im Alltag auch andere Erfahrungen machen muss.

Mit der Zeit wurde sie in ihren Outfits mutiger. Glitzer gehöre einfach zum Drag dazu, ist sie überzeugt. Aus der privaten „Grufti-Maus“ in Schwarz, wurde die bunt-schillernde Mieze. Dass sie sich für den „Drag Star NRW 2025“ qualifiziert hat, freut die 29-Jährige natürlich, andererseits stellt sie das geforderte Programm der Finalistinnen vor eine große Herausforderung. Sie muss sich in fünf Kategorien gegen ihre Konkurrentinnen durchsetzen, sich umziehen und fit genug sein, den Abend über immer auf den Punkt zu performen.

Wenn sie das nervös macht, lässt es sich Mieze zumindest nicht anmerken. Im Gegenteil: Sie nimmt die Herausforderung an, auch weil sie weiß, dass sie damit anderen Drags mit Handicap Mut macht und allen im Saal zeigen wird, dass ein Rollstuhl kein Hindernis sein muss, seinen Weg zu gehen. Denn Drag zu sein, bedeutet auch, sich zu zeigen, aus sich herauszugehen und sich die Freiheit zu nehmen, so sein zu dürfen, wie es sich gerade gut anfühlt. „Das gefällt mir auch so am Drag sein. Anfangs gab es schon das Stereotyp, eine Drag-Queen muss groß und schlank sein. Wir zeigen beim Drag Star, dass wir so unterschiedlich sind, wie man es sich nur vorstellen kann“, fasst Mieze zusammen. Deshalb setzt sich in der Szene zunehmend der Begriff „Drag Artist“ anstelle von Queen oder King durch.

(clhö mbo)