Kinder spielen Zahnärzte
Drittklässler lernen beim Besuch in einer Praxis den Umgang mit Bohrer und Sauger.
Düsseldorf. Zührenaz ist heute Zahnärztin. Noch etwas schüchtern greift sie zum kleinen Spiegel und untersucht den Mundraum ihrer Mitschülerin Elisa, die in einem echten Zahnarztstuhl liegt. „Ich war schon mal beim Zahnarzt“, sagt Zührenaz. Aber mit „Luftpuster“, Bohrer und Spiegel darf sie heute zum ersten Mal richtig herumspielen. Die Neunjährige ist eine von 150 Drittklässlerinnen, die sich beim „Düsseldorfer Zahnfrühling“ ausprobieren dürfen.
In diesem Jahr feiert der „Zahnfrühling“ sein zehnjähriges Bestehen. Jedes Jahr laden niedergelassene Zahnärzte alle dritten Klassen der Düsseldorfer Grundschulen zu einem Praxisbesuch ein. Spielerisch werden die Kinder in die Funktion einer Zahnarztpraxis herangeführt — und lernen, dass ein Besuch beim Zahnarzt durchaus lustig sein kann. Hemmschwellen sollen abgebaut werden, Angst vor dem Unbekannten gar nicht erst aufkommen. „Auch diese Besuche haben dazu beigetragen, dass die Anzahl der Kinder mit naturgesunden bleibenden Zähnen im Grundschulalter von 62 Prozent im Jahre 1986 auf nunmehr 92 Prozent im Jahr 2014 gestiegen ist“, sagt Zahnarzt Dr. Rainer Pütz.
Auf diesem Erfolg dürfe man sich aber nicht ausruhen. „Es bleibt ja schließlich immer noch ein Rest, bei dem die Zähne in einem katastrophalen Zustand sind. Meist sind es dann gleich vier, fünf, sechs Löcher, die behandelt werden müssen“, sagt Pütz. Das Problem seien vor allem zucker- und säurehaltige Getränke, die über den Tag verteilt getrunken werden. Und das beginnt schon in der frühen Kindheit. „Zurzeit leiden wir unter der Bio-Welle: Die Eltern geben ihren Kindern ungesüßten Apfelsaft und denken dabei nicht an die Fruchtsäure, die die Zähne angreift“, sagt Pütz. „Dabei ist es so einfach, die Kinder nur an Wasser zu gewöhnen“, sagt er.
Auf Süßigkeiten hingegen solle kein Kind verzichten. „Verbote sind nicht zielführend“, sagt der Mediziner. Aber ein kleiner Trick helfe schon, große Schäden zu vermeiden: „Ich habe die süße Stunde eingeführt: Innerhalb einer Stunde dürfen die Kinder alles essen, worauf sie Lust haben. Nach dem letzten Stück Schokolade wird 15 Minuten gewartet, dann werden die Zähne geputzt“, sagt er. Der Hintergrund: „Werden Süßigkeiten über den Tag verteilt gegessen, sinkt jedes Mal der ph-Wert und macht die Zähne angreifbar für Karies. „Etwa 15 Minuten nach dem Essen neutralisiert sich der Wert wieder“, erläutert Pütz. „Dauerndes Nuckeln an Flaschen oder Essen von Süßigkeiten ist Gift für die Zähne, weil der ph-Wert im Mund dauerhaft niedrig ist.“
Beim Zähneputzen setzen die Zahnärzte früh an: „Schon Babys sollen an die Zahnbürste gewöhnt werden. So wird das Thema im Kleinkindalter gar nicht erst zum Problem.“