Konzert: Tori Amos verführt zum Schwärmen
Die Sängerin begeistert mit ihrer Musik in der Tonhalle.
Düsseldorf. Ach, man gerät sofort ins Schwärmen. Nicht nur über die roten wallenden Haare, wie Tori Amos sie trägt. Nein, über das gesamte Ereignis, das die rund 1.200 Besucher in der Tonhalle beim Auftritt der amerikanischen Sängerin, Pianistin und Songschreiberin im Rahmen ihrer "Sinful Attraction"-Tournee erleben durften. Wie aus einer Wagner-Oper entsprungen, auf High Heels und in eine giftgrüne lange Robe gehüllt, schwebt sie an ihren Bösendorfer-Flügel und eröffnet ihren umfangreichen Reigen an Songs mit "Give", einem Song der aktuellen CD "Abnormally Attraction to Sin".
Dieser Song markiert den Auftakt für das aufgefächerte, ungewöhnliche Spektrum der Amos. Da stehen leichtfüßig perlende Klavierstücke neben hypnotisch hämmernden Soundmassiven wie "Strong Black Vine", "Hotel" oder "Precious Things", die von ihren langjährigen Begleitern Jon Evans (Bass, Gitarre) und dem zupackend agierenden Matt Chamberlain (Schlagzeug) mit mächtig Schubkraft versehen werden. Natürlich ist neben weiteren Songs wie "Space Dog" oder "Welcome to England" auch Platz für ihren größten Chart-Erfolg, dem "Cornflake Girl" von 1994. Dieser wird von den Fans bereits nach einigen wenigen Takten frenetisch gefeiert.
Die an diesem Abend voll entfaltete Anziehungskraft von Tori Amos zelebriert sie mit einer pikanten Mischung ihrer musikalischen Fähigkeiten, ihrem betörenden Äußeren und dem aggressiv frivolen Inszenieren ihrer selbst. Da werden beim Musizieren auch schon mal Körperbereiche berührt und offensiv betont, die normalerweise nach den Gesetzen der Züchtigkeit unerwähnt zu bleiben haben.
Amos, die sich schon Ende der 1990er mit einem an ihre Brust angelegten Ferkel ablichten ließ, sitzt breitbeinig zwischen den rechts und links von ihr aufgebauten Tasteninstrumenten, spielt mit exaltiertem Gestus auf mehreren Keyboards gleichzeitig und erinnert dabei ein bisschen an die Tasten-Magier des Progressive Rock der 1970er Jahre, die mit wallenden Gewändern hinter ihren Orgel-Burgen ein ähnlich märchenhaftes Reich der Klänge errichteten wie heute Tori Amos und ihre zwei Mitmusiker. Nur wirkt diese Magierin heute mehr wie die böse Stiefmutter von Avril Lavigne, die den Saal umgehend in der Hand hat und es die Zuhörer kaum in den Sitzen hält.
Mit ihrer sphärisch schwirrenden Stimme haucht sie ihre Geschichten in den Kuppelsaal, der kaum passender hätte gewählt werden können. Als kleines Geschenk spielt sie sogar den Song "Hey Jupiter", den sie angeblich hier in Düsseldorf zum ersten Mal auf dieser Tour spiele. Mit ihren Begleitern zurück auf der Bühne krönt die 46-Jährige diesen an bewundernswerten Elementen bereits reichen Abend noch mit einem eindrucksvollen Finale und beendet nach zwei intensiven Stunden ein besonderes Konzert, nicht ohne natürlich dem begeisterten Publikum noch mit Zugaben zu danken.