Zwischen Malerei und Mordanschlag
Der aus Syrien stammende Karikaturist Yahia Alselo legte sich mit den Mächtigen an. Nun sind seine Bilder in Flingern zu sehen.
Düsseldorf. Der Neffe wurde getötet, weil er das Versteck nicht verriet, in dem sich sein Onkel, der Künstler Yahia Alselo, verborgen hielt. Alselo selbst, der sich den Künstlernamen Silo gab, überlebte vier Mordanschläge in seinem Heimatland Syrien.
Als Kurde waren er und seine Familie ohnehin Repressalien ausgesetzt. Als im Jahr 2008 auf einem Zettel an seiner Haustür in warnend roten Lettern geschrieben stand: „Zähle deine Tage, nicht deine Monate“, trat Silo die Flucht an, sie führte nach Deutschland, erst nach Trier, dann nach Neuwied, wo er mehrere Jahre lebte. Heute hat er in Düsseldorf sein Zuhause.
Seinen ältesten Sohn hat er erst als Dreijährigen kennengelernt, er wurde 2008 geboren, kurz nach seiner Flucht. 2011 sei dann die Freude groß gewesen, endlich das eigene Kind in die Arme schließen zu können.
In Düsseldorf lebt der Künstler nun seit April vergangenen Jahres mit seiner Frau und den drei gemeinsamen kleinen Kindern im Stadtteil Derendorf. Als unmittelbar gefährdet sehe er sich in Düsseldorf nicht, sagt Silo im Gespräch mit der WZ. Doch über E-Mail gingen weiterhin Drohungen ein — von syrischer wie von kurdischer Seite. „Ich habe jede Seite kritisiert, den syrischen Präsidenten Assad und auch kurdische Politiker“, sagt Silo.
Zu seinen wichtigsten Themen bei den Karikaturen zählt die Meinungsfreiheit. Auf einem der teils drastischen farbigen Bilder ist ein Muslim zu sehen, dem die herausgestreckte Zunge mit einer Art Kneifzange abgeknipst wird.
„Im arabischen Raum werden die Menschen mundtot gemacht“, sagt Silo. Zu sagen, was man will, sei nie möglich gewesen, auch nicht an der Kunstakademie in seiner Geburtsstadt Aleppo. „Alle unsere Professoren waren in der syrischen Baath-Partei.“ Und die syrischen Zeitungen würden ohnehin alle dem Regime gehören.
Lebte Silo in Syrien mit seiner kurdischen Abstammung und erst recht durch seine Karikaturen und gesellschaftskritischen Bilderbücher gefährlich, hat er in Deutschland wiederum Schwierigkeiten, als Künstler Fuß zu fassen. Seine Deutschkenntnisse sind noch nicht besonders gut. Aber er arbeite daran, sagt er.
Gleichwohl sei es schwierig, von der Kunst zu leben. Noch erhalte er Geld vom Jobcenter, doch sein Ziel sei es, sich und seine Familie mit seiner Kunst ernähren zu können. Ab und an übernehme er künstlerische Gelegenheitsjobs. Beispielsweise habe er bei einem Seifenkistenrennen die Logos der Sponsor-Firmen auf die Fahrzeuge gemalt. Silo malt nicht nur Karikaturen, sondern auch sehr farbintensive Porträts und Landschaften. „Das sind die Farben meiner Heimat“, sagt er lächelnd.
Eine Kostprobe von seiner Kunst ist noch bis zum 9. August im Kunstforum Düsseldorf zu sehen.