Düsseldorf Neues Klinger-Bild: Der Wolf zeigt Zähne

Klaus Klingers platziert seine Kunst auf den Hauswänden dieser Stadt. Mit dem neusten Werk nimmt er die Ego-Mentalität ins Visier.

Düsseldorf: Neues Klinger-Bild: Der Wolf zeigt Zähne
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Der Wolf trägt einen schwarzen Anzug und zeigt drohend und gierig seine Reißzähne. Hinter dem Raubtier und erst auf den zweiten Blick zu erkennen, überzieht das Wort „Haben“ die gesamte Fassade bis zum Giebel des Hauses auf der Jägerstraße 21 in Eller. Viel kleiner ist der Schriftzug „Teilen“ unter dem nachdenklich dreinblickenden Affen dargestellt. „Der Wolf steht für das aggressive Verteidigen des Eigentums, für das Alles-Meins-Denken. Gemäß der Wirklichkeit sind die Worte Haben groß und Teilen klein gemalt“, erklärt der Düsseldorfer Künstler Klaus Klinger am Samstagabend sein neues Wandbild.

Der Standort ist kein Zufall: Das bemalte Haus befindet sich direkt neben der Fifty-Fifty-Galerie. „Mit Klaus Klinger verbindet uns eine langjährige Freundschaft. Seine Botschaft ist immer politisch, unmissverständlich und klar“, sagt Magdalene Risch, Büroleiterin bei der gemeinnützigen Organisation zur Unterstützung von Obdachlosen. In fünf Tagen und in Kooperation mit der polnischen Künstlerin Tuha ist das ganz in weiß, grau und schwarz gehaltene Kunstwerk entstanden. „Das Thema sollte etwas mit Fifty-Fifty zu tun haben“, erzählt Klinger und dass es sein erstes Wandbild in reduzierten Farben ist.

Etwas abseits sitzt der Mann, ohne dessen Zustimmung das Projekt nicht hätte verwirklicht werden können: Tischlermeister Daniel Schappert gehört das Haus und hat sofort zugestimmt, als die Nachbarn ihn fragten. „Ich war Feuer und Flamme. Vorher war das Haus bis zur ersten Etage mit Graffiti in allen Farben beschmiert. Ich bin stolz, dass wir jetzt ein Gemälde mit fundierter politischer Aussage an der Wand haben“, sagt der 42-Jährige, der sich nach den Worten Klingers sogar mit an den Kosten beteiligt hat.

Seit 40 Jahren arbeitet Klaus Klinger rast- und ruhelos mit Farbe, Pinsel, Rolle und Sprühdose und bringt so seine Gedanken und Parolen auf die Wände. Und das nicht nur in seiner Wahlheimat Düsseldorf. Er rief interkulturelle Projekte in Nicaragua, Chile, Brasilien, Namibia, Senegal und in Kuba ins Leben, immer bestrebt, mit Künstlern anderer Kulturen gemeinsam etwas Kreatives und Politisches zu erschaffen. Rund 45 Wandbilder von ihm gibt es allein in Düsseldorf. Die wohl bekanntesten Motive sind das „Auge“ und das „Ohr“ auf den Fassaden am Hellweg in Flingern.

Der 62-Jährige Künstler ist Mitbegründer der Wandmalgruppe Düsseldorf und des Vereins Farbfieber. In den Siebzigern studierte Klinger an der Düsseldorfer Kunstakademie, wo durch und durch auch politisch gedacht und gehandelt wurde. Joseph Beuys war dort Professor, Klinger Meisterschüler von Gerhard Richter, dessen Bilder den Angaben zufolge auf dem Kunstmarkt die teuersten eines lebenden Künstlers sind. Klinger lacht, als in Eller der Name Richter fällt, und nimmt während der improvisierten Vernissage auf dem Bürgersteig einen Schluck aus der Bierflasche. „Der war einer von den Professoren, die alle zwei Wochen mal reingeschaut haben. Immerhin fand er meine Arbeiten so gut, dass er mich in seine Klasse aufgenommen hat“, amüsiert er sich.

Street Art, Urban Art - Klinger gibt nichts auf Definitionen, auf einengende Bezeichnungen. Seine großformatigen Kunstwerke hängen eben nicht in Galerien, sondern auf der Straße, im öffentlichen Raum, dort werden sie auch diskutiert. Und genau das liebt der Maler. „Es ist erstaunlich, wie offen die Leute für Kunst sind. Ich arbeite ja oft in Gegenden, wo bestimmt 90 Prozent der Menschen noch nie in einem Museum oder einer Galerie waren“, erzählt er. Auch die Reaktionen in Eller seien durchweg positiv. Die nächsten Projekte und Themen hat er schon im Kopf. „Flüchtlinge und der Rechtsruck, der durch die Gesellschaft geht. Diese dumpfe Fremdenfeindlichkeit macht mir Angst“, sagt er, „da müssen wir mit positiven Projekten eine Gegenöffentlichkeit schaffen.“ Und das geht am besten mit Wandbildern, findet Klinger. Sein Schaffen geht weiter.