Ritter-Gumbert-Orden Neuzeit bei der Düsseldorfer Karnevalsgesellschaft Hötter Jonges
Düsseldorf · Die Karnevalsgesellschaft aus Eller hat erneut den Ritter-Gumbert-Orden verliehen. In der langen Tradition wurde mit Lea Wagemans-Schmidt erstmals eine Frau ausgezeichnet. So verlief die Preisverleihung.
Der Weg von der Bühne zu ihrem Sitzplatz im Saal war nur gut 15 Meter lang, dafür benötigte Lea Wagemans-Schmidt aber 4,42 Minuten. Die neue Ritter-Gumbert-Ordensträgerin der KG Hötter Jonges wandelte zu den Klängen von „One moment in time“ durch das Spalier der Gratulanten und war erst wieder an ihrem Platz angekommen, als Sängerin Conny Baron das Lied beendet hatte.
Kein Wunder, dass die Gratulationstour so lange dauerte, ist Wagemans-Schmidt nach 44 Jahren, in denen die Auszeichnung vergeben wird, doch die erste Ordensträgerin. Davor waren ausschließlich Männer von der Elleraner Karnevalsgesellschaft für ihre außerordentlichen Verdienste um das Soziale und das Brauchtum geehrt worden.
„Heute bricht auch für die Hötter Jonges ein neues Zeitalter an. Das Zeitalter, in dem das Patriarchat – in der Soziologie meint es die Väterherrschaft – in das Matriarchat übergeht, eine Gesellschaftsordnung, in der die Frau eine bevorzugte Stellung in Staat und Familien hat“, meinte Dagmar von Dahlen (CDU), die Bürgermeisterin des Stadtbezirks 8 (Eller, Lierenfeld, Vennhausen, Unterbach) kurz vor dem „Ritterschlag“. „Wir können den Fortschritt nicht aufhalten, aber wir können zeigen, dass Computerspiele und KI das menschliche Miteinander nicht ersetzen.“
Genau dieses menschliche Miteinander, das für andere da sein und sich kümmern, brachte der 72-Jährigen gebürtigen Belgierin Wagemans-Schmidt jetzt den angesehenen Brauchtumsorden ein. „Sich zu kümmern, für andere da zu sein, zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Leben“, laudatierte Burkhard Albes, Ordenträger des Jahres 2023. „34 Jahre lang bist Du Schriftführerin des Veedels-Zoch Eller e.V. und hältst den Laden zusammen. Du kümmerst Dich auch beim Mieterschutzbund um Menschen und bereitest ihnen Freude.“
Nicht nur, dass Wagemans-Schmidt die erste Ritterin ist, nein, sie ist auch Nach-Nachfolgerin ihres Ehemannes Dieter Schmidt, der 2002 den Ritter-Gumbert-Orden erhielt. „Ich bin niemand, der gerne in der ersten Reihe steht. Das ich trotzdem die Auszeichnung erhalte, ist enorm und hätte ich nie gedacht. Ich frage mich immer noch: Warum ich?“, verriet Wagemans-Schmidt. „Auf der anderen Seit ist es eine große Ehre, als erste Frau für meine Arbeit ausgewählt worden zu sein. Brauchtum war ja über Jahrzehnte ausschließlich eine Männerdomäne, in der Frauen Kuchen backen durften und schmückendes Beiwerk waren.“ Im Veedels-Zoch Eller sei das aber seit jeher anders gewesen und Frauen wären seit der Vereinsgründung immer federführend aktiv gewesen. „Mit Ute Ast hatten wir auch jahrelang eine Vorsitzende“, so Wagemans-Schmidt. „Es freut mich, dass die Arbeit, die Frauen in den Vereinen leisten, nun auch gesehen und gewürdigt wird.
Die Ritter-Gumbert-Ordensträger der vergangenen Jahre haben das Vorschlagsrecht für den oder die neu zu Ehrenden. Nach Diskussionen und Abstimmung wird dem Vorstand der Hötter Jonges ein Kandidat – oder eine Kandidatin – vorgeschlagen. „Im Kreise der Ordensträger gab es auch schon in führeren Jahren Vorschläge, mal eine Frau zu ehren. Doch diese Vorschläge konnten sich in den Abstimmungen nicht durchsetzen“, bekennt Ralf Hansen, Ordensträger 2021. „Diesmal gab es, so weit ich weiß, keine Gegenstimme. Das ist ja auch richtig so, Frauen stellen ja die Hälfte der Gesellschaft.“
Diese Erkenntnis hat aber bei den Ritter-Gumbert-Ordensträgern länger gebraucht, offensichtlich zu werden. „Die ersten vorsichtigen Schritte in Richtung Frauenbewegung gab es bereit im 19. Jahrhundert. Im 20. Jahrhundert waren die Männer immer noch gesetzlich verpflichtet, für die Frau Sorge zu tragen und auch für ihr Fehlverhalten einzustehen“, referierte von Dahlen. „Bis noch vor rund 60 Jahren mussten Frauen ihren Mann fragen, ob sie arbeiten gehen durften. Dabei sagt der Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Das Grundgesetz trat 1949 in Kraft, aber erst 1958 konnten Frauen einen Führerschein machen und erst 1962 ein eigenes Bankkonto einrichten.“ Seitdem ist viel passiert und jetzt ist man auch in Eller einen großen Schritt weiter. „Die Neuzeit ist bei den Hötter Jonges eingezogen“, urteilt die Bezirksbürgermeisterin.