Kritik an Ein-Euro-Job-Reform: „Eine Katastrophe für Arbeitslose“

Verbände kritisieren die Reformierung der Ein-Euro-Jobs.

Krefeld. „Dieses Gesetz ist keine Verbesserung für Arbeitslose, sondern Volksverdummung.“ Hans-Georg Liegener, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände (AWG) und Caritas-Geschäftsführer in Krefeld, kritisiert das neue Gesetz der Bundesregierung, das die Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt scheinbar verbessern soll.

Die neue Arbeitsmarktförderung beinhaltet unter anderem, dass Ein-Euro-Jobs (offiziell: Arbeitsgelegenheit) nur noch als letzter Ausweg eingesetzt werden sollen, wenn andere Arbeitsmarktinstrumente nicht gegriffen haben. In den folgenden Jahren sollen zudem weniger Mittel für aktive Arbeitsmarktförderung im Sozialgesetzbuch II bereitgestellt werden.

Dahinter steht die Sorge der Bundesregierung, die Zusatzjobs würden die regulären Arbeitsplätze verdrängen. „Das mag vereinzelt der Fall sein“, sagt Liegener. „In Krefeld ist das aber vollkommen ausgeschlossen.“

Laut AGW-Sprecher sei der Anteil der Menschen, die in diesem Bereich weiter vermittelt werden, in Krefeld deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Das belegen auch Zahlen der Diakonie Krefeld. „Seit 2006 betreuen wir bis einschließlich 2011 insgesamt 906

Ein-Euro-Jobber im evangelischen Bereich, von denen 103 eine Anschlussarbeitsstelle bekommen haben“, sagt Ellen Weinebrod, Geschäftsführerin der Diakonie. „Von diesen 103 sind wiederum 52 in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt worden, 35 in Vollzeit, 17 in Teilzeit.“ Damit hat die Diakonie eine Vermittlungsquote von 14,35 Prozent. Zum Vergleich: Der Bundesdurchschnitt liegt bei unter zehn Prozent.

Jochen Hochkamer, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, sieht mit der neuen Instrumentenreform eine Katastrophe auf Langzeitarbeitslose zukommen. „Mit der geplanten Reform fallen 400 000 Menschen hinten über.“

Dazu gehören Langzeitarbeitslose und schwer Vermittelbare, viele Menschen ohne Ausbildung, Menschen mit Behinderung oder chronischen Erkrankungen, ältere Arbeitslose oder ohnehin benachteiligte Jugendliche.

Hans Busch, Sozialbetreuer bei der Caritas, weiß um die Bedeutung der Bereitstellung von Beschäftigungsangeboten mit gleichzeitiger pädagogischer Betreuung. „Die meisten kommen aufgrund ihrer Probleme nur mit einer begleitenden Arbeit wieder richtig in das Berufsleben hinein“, sagt Busch. „Sie sind froh, wieder am normalen Arbeitsleben teilhaben zu können.“

Der Sozialbetreuer beschreibt ein konkretes Beispiel: Ein 52-jähriger Krefelder, verheiratet, ein erwachsenes Kind, hat Migrationshintergrund, keine Berufsausbildung und verfügt nur über sehr schlechte Deutschkenntnisse.

Aufgrund seines Alters und seiner mangelnden Deutschkenntnisse ist er für den ersten Arbeitsmarkt zu alt und unterqualifiziert. Nur durch einen Zusatzjob sei es dem Krefelder gelungen, im Anschluss in eine geringfügige Beschäftigung vermittelt zu werden.

„Spätestens in zwei Jahren wird die Bundesregierung wieder neue Programme ins Leben rufen müssen, die zwar anders heißen, aber genauso aufgebaut sind wie die jetzigen“, mutmaßt Liegener. „Bis dahin können die Langzeitarbeitslosen aber nicht nicht weiter gefördert werden.“