Michael Grosse zum Intendanten gewählt: Der Neue kennt sich aus mit wackligen Finanzen
Michael Grosse (47) wird 2010 Theater-Intendant . Er will besonnen ans Werk gehen.
Krefeld. Kurz vor der Verkündung des neuen Intendanten ist im Rathausflur ein Klirren zu hören. Zwei Gläser sind zu Bruch gegangen, und dem skeptischen Betrachter könnte jetzt Böses schwanen: Wenn Krefeld und Mönchengladbach den neuen Chef des gemeinsamen Theaters suchen - liegt dann am Abend alles in Scherben?
In den Tagen vor der Intendantenwahl ist die Stimmung in der Politik und am Theater immer nervöser geworden. Noch am Nachmittag verdichteten sich Signale, dass am Ende keiner der Bewerber gewählt werden könnte. Amtsinhaber Jens Pesel, hieß es, könne noch zwei Jahre dranhängen. Und die Kandidaten, allesamt gestandene Theaterleute, wären bedröppelt von dannen gezogen.
Doch der Supergau in Sachen Image bleibt aus. Mit einem strahlenden Sieger treten zwei erleichterte Kulturdezernenten und zwei fröhliche Oberbürgermeister gegen 19.30 Uhr vor die Presse. Michael Grosse, momentan Intendant des Landestheaters Schleswig-Holstein, kommt 2010 als Pesels Nachfolger an den Niederrhein.
Mit 13 zu eins Stimmen hat das Theaterkuratorium den 47-Jährigen gewählt. Das sei "ein sehr eindeutiges Ergebnis", betont Gladbachs OB Norbert Bude. Auf Nachfrage gibt er zu, auch die Pesel-Variante sei "thematisiert" worden. Aber wohl nur kurz. "Wir haben drei sehr gute Kandidaten gesehen", erklärt Krefelds Stadtchef Gregor Kathstede.
Neben Grosse sind die Gießener Intendantin Cathérine Miville und der Trierer Intendant Gerhard Weber an diesem Nachmittag angetreten. Als vierter im Bunde hat Martin Roeder-Zerndt kurzfristig abgesagt: Er wechselt in die Bremer Staatskanzlei, was vermutlich auch kein ganz schlechter neuer Job ist.
Michael Grosse geht - daran lässt er keinen Zweifel - mit großer Vorfreude an die neuen Aufgaben. Engagement und Leidenschaft hat das Kuratorium in ihm erkannt. Vor der Presse gibt sich der Sohn des berühmten DDR-Schauspielers Herwart Grosse besonnen und bodenständig.
Er zählt sich nicht zu "jenen Revoluzzern, die gleich alles über Bord werfen". Das ist auch eine Ansage an die künftigen Mitarbeiter: "Die komplette Mannschaft auszuwechseln, führt schnell zum Untergang", sagt Grosse. Streicheleinheiten gibt es auch fürs Publikum: "Es wird natürlich Veränderungen erleben, braucht aber Punkte, wo es andocken kann."
Dennoch: Auf Schmusekurs befindet der Intendant sich nicht. Den "herben finanziellen Wind", der wohl hier wehen wird, kennt er aus anderen Städten: "Ich hatte ständig damit zu tun, Haushalte zu retten." Den "positiven Streit" mit der Politik will er suchen, um die Substanz des Theaters zu erhalten. Michael Grosse klingt nicht so, als habe er Angst davor, Porzellan zu zerschlagen.