Alt-Erkrath Eine Pension vor Herausforderungen
Erkrath · Seit zehn Jahren beherbergt Petra Hanten-Dang Feriengäste. Die erheblich gestiegene Grundsteuer und ein Bauprojekt lassen aber keine rechte Feierlaune aufkommen.
Schon als kleines Mädchen ist Petra Hanten-Dang auf dem Weg zur Schule stets staunend an der imposanten Villa Bernsau an der Neanderstraße/Ecke Bismarckstraße vorbeigegangen. Jahrzehnte später ergab sich die Gelegenheit, das stattliche Haus von der Erbengemeinschaft der Unternehmerfamilie (ihr gehörte die Papierfabrik auf dem benachbarten, späteren Pose-Marré-Gelände) zu kaufen. Petra Hanten-Dang nahm die Erbschaft einer Tante in die Hand, erbat einen Kredit von der Bank, kaufte das damals recht abgewohnte, schon mehrere Jahre verwaiste Anwesen und renovierte es anschließend mit Unterstützung von Handwerkern und vor allem auch der eigenen Familie.
Das Großprojekt kostete die Mutter zweier Kinder viel Geld und bescherte ihr immer wieder auch schlaflose Nächte – alte Häuser bergen viele Überraschungen, und nicht nur angenehme. Von Anfang an war klar, dass mit dem Haus etwas erwirtschaftet werden musste, um die beachtlichen Investitionen zu refinanzieren. Weil Petra Hanten-Dang eine kaufmännische Ausbildung hat und gerne Gastgeberin ist, wie sie erzählt, lag es für sie nahe, Zimmer mit Frühstück (Bed & Breakfast) in der frisch sanierten 300-Quadratmeter-Villa anzubieten, die auch ein Kapitel Stadtgeschichte repräsentiert.
Ehemalige Fabrikantenvilla
ist 150 Jahre alt
Seit März 2015 kann man sich in dem „Fabrikantenvilla“ getauften Haus einmieten und zwischen 150 Jahren alten Mauern wohnen, eingerichtet mit einer Mischung aus modernen und antiken Stücken – behaglich und freundlich, blitzsauber und mit einer serviceorientierten Gastgeberin im Haus. Zur Auswahl stehen fünf Doppelzimmer, zwei Apartments und eine Wohnung (120 Quadratmeter). Jede Menge Raum also, der vor allem von Geschäftsleuten gebucht wird, wie Petra Hanten-Dang erzählt.
Weitere Gäste sind Hochzeitsgesellschaften, die im Neandertal No. 1 oder in der Brügger Mühle feiern, Menschen auf Familienbesuch in Erkrath (die Seniorenwohnanlage Rosenhof liegt in der Nähe), Radfahrer, Wanderer mit dem Ziel Neandertal oder Kulturfreunde, die Düsseldorfer Museen anschauen, besondere Konzerte oder Musicals besuchen wollen. Hanten-Dang weiß von japanischen Gästen zu berichten, die in das besondere Flair eines Hauses aus dem 19. Jahrhundert eintauchen und dort übernachten möchten. Unvergessen auch die drei Schotten, die sich während der Fußball-Europameisterschaft 2024 einmieteten, viel gesungen und mit den Kochtöpfen Musik gemacht haben.
„Ich könnte ganze Bücher darüber schreiben, was wir hier schon alles erlebt haben“, sagt Petra Hanten-Dang. Ohne die für Gäste und Besitzerfamilie wichtige besondere Atmosphäre zu zerstören, steuert sie das alte Haus im Hintergrund in Richtung Zukunft, hat mittlerweile eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, lässt ihr Wasser von Anfang an durch Solarenergie aufheizen und hat eine Ladestation für Elektroautos auf dem Parkplatz installieren lassen – auch wieder Investitionen, die hereingeholt werden müssen. Wie lange ihr das noch gelinge, sei ungewiss, sagt Petra Hanten-Dang.
Denn das Übernachtungsgeschäft läuft vor allem dann gut, wenn größere Ereignisse viele Menschen in die Region ziehen. „2024 war mein bisher bestes Jahr“, bilanziert die Unternehmerin. Vor allem die Fußball-Europameisterschaft habe ihr viele Gäste beschert. Auf das ereignisärmere 2025 blickt sie derzeit noch mit gemischten Gefühlen, aus mehreren Gründen. Gerade ist der erste Grundsteuerbescheid nach der Reform mit einer saftigen Erhöhung ins Haus geflattert. Da Hanten-Dang ihre Villa nicht nur selbst bewohnt, sondern dort auch Gästezimmer anbietet, gilt für sie der volle Gewerbe-Prozentsatz, was sich in einem Anstieg von zuletzt 758 auf aktuell 3993 Euro pro Jahr konkretisiert, plus Gewerbesteuer und Einkommenssteuer.
„Wahnsinn. Das muss schließlich alles erst einmal erwirtschaftet werden“, sagt Hanten-Dang, die sich als kleinere Unternehmerin ungerecht behandelt fühlt und bei der Stadt Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid eingelegt hat. Zahlen muss sie aber trotzdem, der Einspruch ist nicht mit einem Aufschub verbunden.
Was ihr darüber hinaus zu schaffen macht, sind Neubaupläne für den zur Villa gehörenden Garten, von dem nur ein schmaler Streifen in Hanten-Dangs Besitz übergegangen ist. Der Rest gehört der Erbengemeinschaft, die an einen Investor verkaufen will, der dort viergeschossig und mit Tiefgarage bauen darf. Politik und Stadt haben das Projekt schon planungsrechtlich abgenickt. Es wird der Fabrikantenvilla die schöne Aussicht ins Grüne mit vielen alten Bäumen, Vögeln, Fuchs und Fledermaus nehmen, und natürlich Sonnenlicht. Was noch schwerer wiegt: Hanten-Dang sorgt sich um das alte Haus, das kein Fundament, keinen Keller hat und durch Erdbewegungen in unmittelbarer Nachbarschaft Schaden nehmen könnte. Schon jetzt wackeln bei ihr die Gläser im Schrank, wenn auf dem Nachbargrundstück der Neuen Mitte, wo neue Häuser entstehen, im Erdreich gerüttelt wird.
Zehn Jahre Fabrikantenvilla, der auch die Corona-Jahre nichts anhaben konnten, müssten eigentlich gefeiert werden – aber ihr sei ganz und gar nicht danach, sagt Geschäftsfrau Petra Hanten, die derzeit eher sorgenvoll in die Zukunft blickt.