Tagsüber Techniker — abends Künstler

Paragrafen und Vorschriften bestimmen den Arbeitsalltag von Volker Rapp. Nach Feierabend bahnt sich der Künstler in ihm seinen Weg. Der Erkrather hat ein Händchen für Fotos, Videos und Aktionskunst.

Foto: Nicole Marschall

Erkrath. Volker Rapp ist Umwelttechniker und technischer Betriebswirt. In einem großen Konzern in Monheim ist er für die Einhaltung des Europäischen Chemikaliengesetzes zuständig. Kreativität? Fehlanzeige. Die muss bis zum Feierabend warten. Dann aber kann er ihr freien Lauf lassen. Kunst und Musik füllen letztlich die gesamte Freizeit des 52-jährigen Erkrathers — und sind mehr als nur ein Ausgleich für seinen trockenen Beruf. Denn beides spielte schon von Jugend an eine wichtige Rolle in Rapps Leben.

„Eigentlich habe ich klassische Gitarre gelernt und mit neun Jahren ein Akkordeon bekommen“, erzählt er. Eine eigene Orgel blieb lange Zeit Wunschtraum; stattdessen musste er sich mit Vaters Mandoline begnügen — bis er sich schließlich selbst seinen ersten Synthesizer und eine E-Gitarre kaufen konnte. Mit letzterer begleitete er Anfang der 80er Jahre zahlreiche Bands, und mit dem Synthi begann er, seine eigene elektronische Musik zu machen (nachdem er bereits in den 70ern mit Tonbandaufnahmen von Klangcollagen experimentiert hatte) und sich Auftritte in mitunter ungewöhnlichen Räumen — wie beispielsweise der Wuppertaler Schwebebahn — zu organisieren. Große Vorbilder für seine Musik waren Jean-Michel Jarre und Kraftwerk. „Mit den Jungs bin ich groß geworden“, stellt Rapp fest.

Umso größer war die Ehre, als er Anfang dieses Jahres im Düsseldorfer Studio Elektro Müller, dem ehemaligen Kraftwerk-Studio, selbst ein Konzert geben durfte. „Das Risiko, diesen heiligen Raum zu entweihen, war groß“, schmunzelt er. Auch mit einzelnen Kraftwerk-Musikern bestehen inzwischen Kontakte. Für Eberhard Kranemann beispielsweise darf Volker Rapp heute Videos drehen.

Dass er auch das kann, hat er im Sommer beim Video-Wettbewerb anlässlich der 70-Jahr-Feier Nordrhein-Westfalens bewiesen. Sein 77 Sekunden dauerndes Video war einer von sechs Beiträgen, die im Gesamtvideo zu sehen sind. Und mit der Hand, die dort immer wieder vorkommt und die von ihm aufgenommenen Orte in NRW berührt, ist dieser vielen Betrachtern besonders im Gedächtnis geblieben.

Schaut man auf die vergangenen zwölf Monate zurück, wundert man sich, wo Rapp die Zeit für seine Muse — und vor allem die gesamte Organisation drumherum — her nimmt. Mit seiner Prima-Neanderthal-Künstlerkollegin Katy Schnee hat er mehrere Aktionen gestemmt: Im Leichlinger Sinneswald wurde ein Farbcode an Bäumen und in Mettmann vor der Fachhochschule der Wirtschaft der „Transit Neanderthalensis“ realisiert, ein Werk, das die Schritte der menschlichen Evolution auf einem Zebrastreifen darstellt. Zum Jubiläum der Stadt Erkrath hüllten sie in Hochdahl 50 Bäume in Goldfolie, am internationalen Kunstwettbewerb „Bewegter Wind“ duften die beiden mit ihren „Gold-Segeln“ teilnehmen und in Kunstpark Odonien des Kölner Künstlers Odo Rumpf zwei ihrer QR-Code-Figuren ausstellen. Zudem haben Schnee und Rapp ihren selbst kreierten Likör „Düsselwasser“ eine ganze Saison lang auf dem Fischmarkt in Düsseldorf unter die Leute gebracht.

Auch seine Fotos konnte der in Wuppertal geborene Künstler dieses Jahr vielfach zeigen. Die Quote, bei jurierten Ausstellungen angenommen zu werden, sei recht gut gewesen, sagt er. Bilder aus der Wüstenstadt Palmyra wurden in der Ausstellung „Lost Places“ in Bochum gezeigt, Bilder aus Chile bei der Kunstausstellung des Kreises Mettmann.

Ganz frisch ist Volker Rapp mit zahlreichen frischen Fotos und Videos aus Kuba zurück, und im kommenden Jahr wird er voraussichtlich gemeinsam mit dem Kreis Mettmann ein Fotoprojekt für einen weiteren Kalender über das Neanderland angehen.