79-Jährige bestohlen: Diebes-Duo muss in Haft

Hilden. Als Lisa Meier (*) in den Gerichtssaal kommt, stutzt Richter Martin Bösen. Denn die Seniorin wirkt deutlich jünger, als sie gemäß Aktenlage sein sollte. In den Unterlagen ist juristisch uncharmant, aber faktenorientiert von „79“ die Rede.

Dem Augenschein nach — gut 15 Jahre zu viel. Und obwohl sie so rüstig ist, passierte Lisa Meier am ersten Mittwoch im April dies: Zwei Unbekannte stahlen in einem Hildener Supermarkt an der Walder Straße ihr Portemonnaie, rannten zur nächsten Bank und hoben dann mit Hilfe der EC-Karte genau 831,85 Euro vom Konto ab.

Das ging alles so schnell. In dem Supermarkt baten zwei freundliche Herren — einer offenbar Grieche, sein Kumpel deutscher Herkunft — die 79-Jährige um Hilfe. Scheinbar ging es ihnen um die Inhaltsstoffe einer Konserve — angeblich, um Unverträglichkeiten auszuschließen. Lisa Meier wollte den beiden helfen, muss sich aber sehr konzentrieren, um das Kleingedruckte auf der Verpackung entziffern zu können. Dabei — so vermutet die Polizei — muss ihr einer der Männer das Portemonnaie aus der Tasche gezogen haben. Gemerkt hat Lisa Meier davon nichts.

Wieder einmal war ein hilfsbereiter, älterer Mensch zum Opfer skrupelloser Täter geworden, die sich gezielt Senioren für Straftaten aussuchen. Denn da bleibt die Gegenwehr oft aus. Und auf noch etwas können sich Taschendiebe und Trickbetrüger leider verlassen. In der mit jedem Lebensjahr zunehmenden Angst, plötzlich die vielen PINs und Geheimzahlen nicht mehr auseinander halten zu können, machen sich viele Senioren Spickzettel und legen sie in der Nähe der EC-Karte ab. Da zwischen dem Diebstahl in Hilden und dem Abheben 30 Minuten lagen, hegen Ermittler den Verdacht, dass auch Lisa Meier einen verhängnisvollen Spickzettel in der Geldbörse bei sich trug. Kurz hintereinander verzeichnet die Datenverarbeitung der Bank drei Auszahlungen — die Männer vor dem Geldautomaten werden fotografiert.

Doch trotz gestochen scharfer Fotos stand der Fall aus dem April kurz davor eingestellt zu werden. Bis ein Polizeibeamter die Täter auf den Fotos erkannte. Mittlerweile waren sie durch ganz Deutschland gezogen. Es gibt Gerichtsurteile aus Aachen, Köln, Jülich und Wuppertal gegen das Diebes-Duo, dessen eine Hälfte verspätet zum Prozess erscheint und Lisa Meier keines Blickes würdigt. Dieser Hochmut ist unpassend. Denn mit der bislang letzten Verurteilung aus Wuppertal vom September wird die scheinbare Folgenlosigkeit der Angriffe enden. Da Geldstrafen das Duo nicht stoppen konnten, sind nun Freiheitsstrafen an der Reihe. Die Bestohlene muss den Vorfall nicht noch einmal schildern, sie hat die bangen Minuten nun wieder plastisch vor Augen. dne (*) Name geändert