Hilden: Aktiv zurück in die Arbeitswelt

Sport und intensive Betreuung helfen auf dem Weg in die Erwerbsfähigkeit.

Hilden. Das Unfassbare geschah vor etwas mehr als zehn Jahren: Karin M. (Name von der Redaktion geändert) wurde brutal aus ihrem gewohnten Lebensablauf gerissen. Die Folgen des Missbrauchs wirken bis heute nach. Die körperlichen Verletzungen sind zwar abgeklungen, doch seelisch leidet die heute 38-Jährige noch immer. An eine regelmäßige Arbeit ist in diesem Zustand nicht zu denken - noch nicht.

Karin M. ist eine der rund 1800 Langzeitarbeitslosen, die monatlich in der Hildener Statistik der Bundesagentur für Arbeit auftauchen. Etwa 140 davon sind nicht erwerbsfähig - so wie die 38-Jährige. Sie sind - meistens wegen Krankheit - nicht in der Lage, dauerhaft (länger als sechs Monate) mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten.

Karin M. würde gerne wieder arbeiten. "Ich habe viele Wege versucht", sagt sie. Doch immer wieder seien ihr Steine in den Weg gelegt worden. Und mit jedem Monat ohne Beschäftigung sanken ihr Mut und ihre Chancen auf eine Rückkehr in die Arbeitswelt.

Vor knapp einem Jahr bekam Karin M. eine neue Chance: Sie wurde in die Aktivierungsmaßnahme des Sozialamtes aufgenommen. "Die Behörde hat die Aufgabe, den kranken Menschen wieder fit für den Arbeitsmarkt zu machen", umschreibt Amtsleiter Franz Weinelt deren Ziel.

Das gelingt nicht immer, aber in Hilden öfter als andernorts. Während in den anderen Städten des Kreises seit zwei Jahren höchstens drei erwerbsunfähige Langzeitarbeitslose zurück auf den Arbeitsmarkt gebracht werden konnten, kann Hilden auf neun erfolgreiche Absolventen verweisen. Und KarinM. ist auf dem besten Weg, Hildens "herausragende Erfolgsquote im Kreis", so der zuständige Sachgebietsleiter Jürgen Twistel, weiter zu steigern.

"Jeder kann etwas", beschreibt Sozialarbeiterin Michaela Neisser den Ansatz bei der Umsetzung. Was das ist, gilt es individuell herauszufinden. Darauf wird aufgebaut. "Ich versuche nicht, an den Defiziten zu arbeiten, sondern mit den Ressourcen. Dann verschwinden die Defizite von selbst", so Neisser. "Und die Angebote müssen den Betroffenen gefallen, nicht den Sozialarbeitern", ergänzt Twistel.

Denn ein weiterer Schlüssel zum Erfolg ist die Freiwilligkeit. Es gibt zwar Rückfragen, wenn ein Gruppenangebot wie Frühstück oder Waldlauf nicht wahrgenommen wird, "aber keinen Druck". Den übt Karin M. selbst auf sich aus: "Ich möchte wieder auf eigenen Beinen stehen, denn als Sozialhilfeempfänger wird man oft als Mensch zweiter Klasse betrachtet."

Sie will raus aus dem "Gammel-Leben" - mit intensiver Betreuung durch die Sozialarbeiterin, "zu der ich mit jedem Pups kommen kann", so die 38-Jährige: "Das gibt mir die Perspektive, dass das Leben doch schön ist."

Die Betreuung hat ihren Preis. Darüber wird derzeit mit dem Kreis Mettmann verhandelt. "Die Maßnahme soll fortgeführt werden", sagt Twistel, aber noch fehlt die verbindliche Zusage. Und auch Karin M. fehlt noch etwas für die Rückkehr auf den Arbeitsmarkt: Der Amtsarzt muss die Erwerbsfähigkeit bescheinigen.