Monheim: „Alles, was wir hatten, ist weg“

Bei einem Brand hat Familie Rothes ihren gesamten Besitz verloren. Jetzt fängt sie von vorne an.

Monheim. Es ist gegen 9 Uhr an einem Sonntagmorgen im April, als bei Corinna Rothes das Telefon klingelt und das Leben ihrer Familie vollends aus den Fugen gerät. Am anderen Ende der Leitung sind ihre Kinder, die ganz aufgeregt ins Handy rufen: "Mama, unsere ganzen Sachen brennen."

Das Schicksal meint es nicht gut mit den Rothes. Fünf Jahre lang leben sie mit den vier Kindern (5, 7, 10 und 12 Jahre alt) in ihrem Haus in Blee. Dann bekommt Mama Corinna eine schlimme Nachricht: Sie hat Krebs. Im Becken und Oberschenkel wachsen Tumore. Sie muss operiert werden und erhält Implantate.

Seitdem leidet die 40-Jährige an einer Gehbehinderung, sie kann sich nur mit einem kleinen Elektro-Mobil oder unter Anstrengungen mit Krücken fortbewegen. Ihr mehrstöckiges Haus in Monheim ist für sie nicht mehr bewohnbar: zu viele Stufen. Eine neue Bleibe muss her. "Aber das ist gar nicht so einfach. Wo findet man schon eine ebenerdige Wohnung für sechs Personen?" sagt die schlanke Frau mit den kurzen wuscheligen Haaren. Kurzerhand beschließen sie und ihr Mann: Wir bauen noch einmal.

In Leichlingen finden sie ein geeignetes Grundstück. Im Februar verkaufen die Monheimer ihr Haus und ziehen für den Übergang in eine Ferienwohnung. "Für nur ein paar Monate haben wir erst recht keine große Wohnung gefunden. Da war die Ferienwohnung eine gute Lösung." Sie ist zwar sehr klein, aber dafür komplett möbliert. Jeder der Rothes nimmt nur das Nötigste mit - jeweils einen Bananenkarton voll Kleidung, die Kinder ein paar Spielsachen. Alles andere bringt die Familie in einem Lager eines Freundes in Leichlingen unter.

Und dann passiert das Unglaubliche: Eine Papierfabrik direkt neben dem Lager brennt am 20. April lichterloh. Die Flammen schlagen auf andere Gebäude über und verschlingen alles, was sich in der Nähe befindet.

Die Kinder der Rothes wollen an diesem Sonntagmorgen Brötchen holen, als sie den Rauch über dem Gebäude sehen. Als sie Mama Corinna anrufen, ist alles, was Familie Rothes besitzt, bereits Schutt und Asche.

"Wir haben das erst gar nicht verstanden. Der Schock kommt erst später", erinnert sich Corinna Rothes. "Aber alles, wirklich alles, was wir hatten, ist weg." Teller, Kühlschrank, Betten, Kleidung, Bilder, Bettwäsche, vier Kinderzimmer, Sofa, die Playmobil-Sammlung, Papiere, Fernseher - binnen weniger Minuten ist vom Leben der Rothes kaum etwas übrig.

Die Versicherung übernimmt den Schaden nicht. "Wir hätten für das Lager eine Zusatzversicherung abschließen müssen. Das haben wir aber nicht gewusst. Wir dachten, mit der Hausratversicherung wäre alles abgedeckt." Die Familie bekommt eine Einmalzahlung von 5000 Euro. Nicht genug, um ein ganzes Leben neu aufzubauen.

Freunde decken die Familie mit dem Nötigsten an Kleidung ein, aber wenn es nächste Woche ins neue Haus geht, steht die Familie erst einmal in leeren Zimmern. "Die Kinder hat das alles sehr getroffen", sagt Corinna Rothes. "Sie vermissen ihr Spielzeug. Aber wir können nicht alles neu kaufen."

Aus diesem Grund hat die Awo-Kindertagesstätte, die alle Rothes-Kinder besucht haben, eine Spendenaktion ins Leben gerufen. "Und ganz viele Monheimer machen mit", freut sich Leiterin Nicole Heße. Bisher seien schon Spielzeug, Möbel und sogar ein neuer Kühlschrank gespendet worden. Allerdings fehlt es noch an Geld, damit die Familie auch ein paar Sachen neu anschaffen kann. Dafür hat die Stadt Monheim eigens ein Konto eingerichtet.

Corinna Rothes ist von der Hilfe überwältigt. "Wir sind sehr dankbar. Es ist ein harter Schlag, aber da müssen wir jetzt durch", sagt sie mit starker Stimme. "Wir fangen noch einmal da an, wo wir schon mal vor 25 Jahren waren. Aber wir schaffen das."