Mettmann: Die Brutalität nimmt zu

Jugendkriminalität: Die Zahl der Straftaten ist im vergangenen Jahr in Mettmann zurückgegangen.

Mettmann. Der 15 Jahre alte Stefan K. (der Name wurde von der Redaktion geändert) sitzt im Gefängnis. Der Junge war gerade 14 Jahre alt, als er nach mehreren Einbrüchen und anderen Straftaten von der Polizei geschnappt wurde. "Wir haben alle Möglichkeiten an Unterstützung angeboten. Aber er hat alle Hilfen abgelehnt. Deshalb sitzt er jetzt für ein Jahr und zwei Monate ein. Und zwei Strafverfahren stehen bei ihm noch aus", sagt Jugendgerichtshelfer Dirk Wermelskirchen über den jungen Mann aus Mettmann. Dass er geläutert aus der Haft entlassen wird, bezweifelt Wermelskirchen.

Und Stefan ist kein Einzelfall. Im vergangenen Jahr wurden 412Straftaten in Mettmann aktenkundig, die von 286 Kindern und Jugendlichen verübt wurden. Die Dunkelziffer, schätzt Wermelskirchen, liegt deutlich höher. "Vieles wird gar nicht angezeigt." Dass die Zahl der Straftaten mit jungen Tätern in 2008 im Vergleich zum Vorjahr um 68Fälle gesunken ist, macht Wermelskirchen wenig Hoffnung. Er führt den Rückgang der Straftaten auch darauf zurück, dass 24sogenannte Mehrfach- und Intensivtäter in Haft sind, in ihre Heimat abgeschoben oder durch ihre Eltern zurück geschickt wurden. Im Jugendhilfeausschuss stellt Wermelskirchen heute die Jugendkriminalitätsstatistik für das Jahr 2008 vor. Demnach liegt Mettmann im kreisweiten Städtevergleich im oberen Drittel, zusammen mit Erkrath und Monheim.

Diebstahl, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Betrug, Drogen, Einbruch, sexuelle Straftaten, Missbrauch von Notrufen, Urkundenfälschung - die Palette der Vergehen jugendlicher Straftäter ist breit gefächert. Einer der jüngsten Straftäter im vergangenen Jahr war ein siebenjähriger Junge, der eine Flasche Wodka gestohlen hatte. Die Polizei erwischte ihn mit 0,5 Promille Alkohol im Blut.

Besonders erschreckend ist für Wermelskirchen das hohe Gewaltpotenzial, das Kinder und Jugendliche "mit sich herumtragen". "Es wird nicht häufiger als früher zugeschlagen, aber die Brutalität, mit der zugeschlagen wird, ist deutlich gestiegen. Die jungen Menschen haben keine Perspektive, sie fühlen sich von der Gesellschaft ausgegrenzt."

Dirk Wermelskirchen ist fest davon überzeugt, dass weniger Kinder und Jugendliche straffällig würden, wenn die Stadt in die Jugendarbeit und in Präventionsmaßnahmen mehr Geld investieren würde. Mit dieser Meinung steht er nicht allein da. "Die Jugend wird kaputt gespart", schlug der Vorsitzende des Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe, Norbert Struck, im vergangenen Jahr auf dem Deutschen Kinder- und Jugendtag in Essen Alarm. Er kritisierte, dass in vielen Kommunen finanzielle Umschichtungen zu Gunsten von Kindergartenplätzen vorgenommen wurden. Für die Jugendlichen blieb nichts oder nur wenig übrig.

"Kinder und Jugendliche brauchen Treffpunkte und Angebote, die sie von der Straße locken", sagt Wermelskirchen. Eine Forderung, die von der Mettmanner SPD unterstützt wird. Die Genossen forderten vergeblich gegen die bürgerliche Mehrheit zusätzliche Stellen in der Verwaltung für die Jugendberufshilfe, für einen Streetworker und Honorarkräfte für die Arbeit mit Jugendlichen. Daraufhin lehnten die Genossen den Etat 2009 ab.

Die CDU hat in ihrem Wahlprogramm "die Schaffung von altersgerechten Aufenthaltsräumen für Jugendliche" sowie "die Bekämpfung von Verwahrlosung durch den Ausbau der Früherkennung sowie durch die Weiterentwicklung von Hilfsangeboten für Familien" sowie den Ausbau der Schulsozialarbeit festgeschrieben.