Bruder und Schwester im selben Boot

Lea und Jan Borbet sind Deutscher Meister.

Foto: Simone Bahrmann

Nein, die Umgebung im Bergischen Land genießt nicht wirklich den Ruf, ein klassisches Segel-Revier zu sein. Und dennoch: Lea und Jan Borbet aus Wülfrath sind gerade Deutscher Meister geworden. Im 420er Boot, bei Wettfahrten in Ribnitz-Damgarten, ganz im Nordosten Deutschlands. Womit die jungen Leute einen Siegeszug fortsetzten. Erst im vergangenen Jahr hatten sie das Ticket für die Weltmeisterschaft gelöst, die im Juli in Japan ausgetragen wird.

Beide sind eigentlich ziemliche Exoten. Bruder und Schwester im selben Boot, das ist eine ausgesprochene Seltenheit. Lea lacht. „Stimmt, das hat es bis jetzt noch nicht oft gegeben. Bisweilen fahren gleichgeschlechtliche Geschwister miteinander.“ Beide hatten diesen Sport mit anderen Partnern begonnen, irgendwann stellten sie fest, dass sie gut miteinander harmonierten. „Es ist etwas anderes mit seiner Schwester“, erklärt Jan. „Natürlich wird es mal laut auf dem Boot. Aber das ist schnell vergessen. Geschwister nehmen nichts mit nach Hause“ Mit einem Partner sei das etwas anderes. „Das kann sich schnell mal aufschaukeln und ist dann nicht mehr zu kitten.“

Die Frage, wie die Geschwister zu ihrem Sport kommen, ist schnell geklärt. Beide Elternteile waren eifrige Segler. Mutter Claudia Borbet hörte auf, als sie mit ihrem Sohn schwanger war, Vater Jochen Borbet, der einen Heizungs- und Sanitärbetrieb hat, segelte so lange mit, bis die Kinder alleine weitermachten. Beide stehen voll hinter den Kindern, unterstützen sie, wo es nur geht. Auch finanziell. Das wäre ansonsten nicht zu stemmen. „Allein die Teilnahme an der Weltmeisterschaft kostet rund 11500 Euro“, erklärt Mutter Claudia Borbet. Das Boot, mit dem die beiden an den Start gehen, ist bereits verschifft, in der Zwischenzeit trainieren und fahren sie Wettkämpfe in einem anderen Boot. Zum Beispiel Ende Juni, wenn die Kieler Woche ansteht. Da ist die Familie froh, dass Trainer Gerd Eiermann so viel Idealismus an den Tag legt.

Jan Borbet über Streit an Bord

Wo trainiert man denn mit einem Segelboot, wenn man in Wülfrath wohnt? Auf dem Baldeneysee in Essen? „Nein“, Lea lacht und schüttelt den Kopf, „das funktioniert auf unseren Seen nicht mit dem Wind.“ Das „heimische“ Trainingsrevier liegt deshalb am Ijsselmeer in den Niederlanden. Ein paar Stunden Fahrt, schon kann’s losgehen. Im Frühjahr geht’s oft nach Spanien, auch mal für ein langes Wochenende. Dass alles das ein riesiger Zeitfresser ist, ist klar. Immer wieder muss das komplette Privatleben auf das Hobby abgestimmt werden.

Die 17-jährige Lea geht noch zur Schule, besucht das Neanderland-Berufskolleg und wird nächstes Jahr Abi machen. Weitergehende Pläne gibt’s noch nicht. Ihr Bruder (19) hat im vergangenen Jahr Abi gemacht und seither die Zeit intensiv genutzt, dem Segeln nachzugehen. Etwa in den USA und in der Karibik. Im Oktober wird er ein Studium als Wirtschafts-Ingenieur aufnehmen.

Wie die Karriere weitergeht, ist völlig offen. Einen Einstieg in eine olympische Bootsklasse können beide sich zwar vorstellen, Olympia selbst erscheint wegen der damit verbundenen Kosten aber kaum machbar.

„Es ist ungeheuer schwer, an Sponsoren zu kommen“, erzählt Jan. Die aber seien dringend nötig. Segler, die sich auf Olympia vorbereiteten, seien im Jahr 250 Tage auf dem Wasser, hinzu kommen die Reisen. Allein fürs Segeln gehen so mal eben geschätzte 60 000 Euro drauf. Von den anderen Kosten nicht zu reden. Für beide Wülfrather nicht darstellbar.

Dennoch können beide sich Freizeit nicht ohne ihr Hobby vorstellen. Bei einem Wechsel in eine olympische Klasse käme dann auch ein Wechsel des Partners in Frage. „Es gibt nur eine olympische Bootsart, die für gemischte Paare offen ist. Aber die ist viel zu teuer“, erklärt Jan. Womit aber auch eines nicht ausgeschlossen ist: Dass künftig weiterhin Deutsche Meister im Segeln aus Wülfrath kommen.